Das Vermächtnis im Erbrecht

Der deutsche Gesetzgeber sieht verschiedenste Gestaltungsmöglichkeiten des letzten Willens vor und gewährt künftigen Erblassern somit eine große Freiheit, die sie im Rahmen ihrer Nachlassvorsorge nutzen können. Den meisten Menschen ist dies allerdings kaum bewusst, weil sie sich schlichtweg noch nie mit dem Erbrecht und ihrem Nachlass befasst haben. Zumeist ist nicht mangelndes Interesse, sondern Unwissenheit hierfür der ausschlaggebende Grund. Juristische Laien sind sich ihrer Möglichkeiten nicht bewusst und haben zudem ohnehin Hemmungen, ihren Nachlass zu regeln, da sie dies unweigerlich mit dem eigenen Tod konfrontiert. Auch wenn es sich hierbei um einen natürlichen Teil des Lebens handelt, löst nur der Gedanke an die Vergänglichkeit des eigenen Lebens bei vielen Menschen massive Ängste aus. Nichtsdestotrotz sollte man sich diesen stellen, denn nur so kann man seine Angst verlieren und dafür Sorge tragen, dass der persönliche Wille auch nach dem eigenen Tod Bestand hat.

Künftige Erblasser, die sich intensiver mit dem Erbrecht befassen und den Entschluss fassen, ihren Nachlass mit einer Verfügung von Todes wegen zu regeln, errichten in der Regel ein eigenhändiges oder öffentliches Testament. Dass auch die Möglichkeit besteht, ein Vermächtnis im Testament zu verankern, ist allerdings vielen Menschen nicht bewusst. Angesichts der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten eines Testaments sollte man einen Fachanwalt für Erbrecht aufsuchen oder sich zumindest intensiv mit der erbrechtlichen Gesetzgebung befassen. Falls man ein Vermächtnis einsetzt sollten die Erben dies bestenfalls schon im Vorfeld wissen und es sollte auch die Frage geklärt sein: Wer muss wann das Vermächtnis erfüllen.

Vermächtnis statt Erbeinsetzung

Das deutsche Erbrecht beschäftigt sich unter anderem auch mit dem Vermächtnis als Form der Nachlassregelung und erlaubt künftigen Erblassern so, in ihrer Verfügung von Todes wegen auf ein Vermächtnis statt Erbeinsetzung zu setzen. Zunächst gilt es aber festzustellen, dass es ohne Testament kein Vermächtnis gibt und worum es sich bei einem testamentarischen Vermächtnis überhaupt handelt. Als Vermächtnis wird in der deutschen Gesetzgebung eine besondere Anordnung innerhalb eines Erbvertrags oder Testaments bezeichnet. Folglich kann ein Vermächtnis in allen zulässigen Varianten der letztwilligen Verfügung in Erscheinung treten.

Die Besonderheit eines Vermächtnisses besteht grundsätzlich darin, dass hierdurch keine Erbeinsetzung vorgenommen wird, sondern eine Auflage an den Erben erteilt wird. Der sogenannte Beschwerte muss demnach diese Auflage unverzüglich oder nach Vorgabe erfüllen. Der Erblasser definiert in seiner Verfügung von Todes wegen ein Vermächtnis und benennt einen Begünstigten, der Vermächtnisnehmer, nicht aber Erbe wird. Dies hat logischerweise zur Folge, dass der Vermächtnisnehmer durch das testamentarische Vermächtnis keine erbrechtlichen Ansprüche erwirbt. Basierend auf dem Vermächtnis des verstorbenen Erblassers kann der Begünstigte nichtsdestotrotz Ansprüche geltend machen. Der so eingeräumte Vermögensvorteil ist demnach unabhängig von einer Erbeinsetzung. Diese Sonderregelung macht den Vermächtnisnehmer nicht zum Erben, obwohl er durch die betreffende Anordnung im Testament begünstigt wird. Diese Rechtsstellung kann durchaus Vor- und Nachteile haben.

Der Anspruch des Vermächtnisnehmers ist zwar nicht erbrechtlicher Natur, aber dennoch begründet und rechtskräftig. Gegenüber den Erben des verstorbenen Erblassers kann der Vermächtnisnehmer seine Ansprüche geltend machen und so die im Rahmen des Vermächtnisses versprochene Zuwendung einfordern. Somit sind die Erben dem Vermächtnisnehmer gegenüber in der Pflicht. Es obliegt demnach den Erben, das im Testament angeordnete Vermächtnis des Erblassers zu erfüllen. Da der Vermächtnisnehmer kein Erbe ist, muss er sich auch nicht um die Nachlassverwaltung kümmern und muss zudem keine Haftung für etwaige Nachlassschulden befürchten. Der Nachteil eines Vermächtnisses besteht allerdings darin, dass der Begünstigte seine Ansprüche gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen muss. Als Gesetzesgrundlage für Vermächtnisse dient im deutschen Erbrecht § 1939 BGB, sowie der gesamte Titel 4 des bürgerlichen Gesetzbuches.

Liegt im Erbfall ein Testament vor, ist dies auf jeden Fall positiv zu bewerten, schließlich hat sich der Verstorbene zu Lebzeiten Gedanken über seinen Nachlass gemacht und diesen geregelt. Folglich müssen die Hinterbliebenen nicht vermuten, was der letzte Wunsch des verstorbenen Erblassers war, denn dieser hat eine Verfügung von Todes wegen hinterlassen, die alle Fragen klären sollte. Wenn es sich allerdings um ein eigenhändiges Testament handelt, kann dieses durchaus auch Fragen aufwerfen. Nicht selten mangelt es an einer eindeutigen und klaren Ausdrucksweise, weil das Testament ohne juristisches Fachwissen im BGB Erbrecht formuliert wurde.

Aus diesem Grund muss ein eigenhändiges Testament oftmals zunächst genau analysiert werden. So muss man feststellen, ob bestimmte Anordnungen als Vermächtnis oder Erbeinsetzung vom Erblasser vorgesehen waren. Folglich gilt es, den Willen des Verstorbenen zu erforschen. Wenn der Erblasser dem Begünstigten lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch an einem einzelnen Gegenstand oder Vermögenswert einräumen wollte, ist von einem Vermächtnis auszugehen. Soll der Begünstigte allerdings die Rechtsverhältnisse des Verstorbenen fortführen und somit dessen Rechtsnachfolge antreten, liegt eine klassische Erbeinsetzung vor.

Mögliche Formen des Vermächtnisses im Erbrecht

Testatoren sollten sich in ihrer Verfügung von Todes wegen somit klar ausdrücken und gegebenenfalls einen Erbrechtsexperten aufsuchen, um spätere Unklarheiten oder Probleme auszuschließen. Ein Notar oder Rechtsanwalt kann künftigen Erblassern unter anderem auch die verschiedenen möglichen Formen eines Vermächtnisses im deutschen Erbrecht aufzeigen.

Das deutsche Erbrecht kennt neben dem klassischen Vermächtnis verschiedene Varianten des Vermächtnisses, die man als Testator kennen sollte, um die richtige Wahl treffen zu können:

Gängige Vermächtnisformen näher betrachtet

Zu nennen ist hier unter anderem das Ersatzvermächtnis. Lt. dem BGB entsprechend kommt ein Ersatzvermächtnis immer dann zur Anwendung, wenn der ursprünglich Bedachte zum Zeitpunkt des Erbanfalls bereits vorverstorben ist. Im Rahmen eines Universalvermächtnisses wird der Vermächtnisnehmer mit dem gesamten Nachlass bedacht, während zugleich die  Auslegungsregel ausdrücklich ausgeschlossen wird. Ein Verschaffungsvermächtnis nimmt dahingegen Bezug auf einen bestimmten Gegenstand, der nicht Teil des Nachlasses ist. Der Erbe, der mit dem Verschaffungsvermächtnis beschwert ist, hat somit die Aufgabe, dem Vermächtnisnehmer den Gegenstand zu verschaffen, indem er hierfür beispielsweise Mittel aus dem Nachlassvermögen aufwendet.

Das Vorausvermächtnis ist ebenfalls eine mögliche Form des Vermächtnisses. Hierbei erhält ein Erbe die im Rahmen des Vermächtnisses versprochene Zuwendung und ist somit auch zugleich Vermächtnisnehmer. Der betreffende Gegenstand ist nicht Teil der Erbschaft, sondern Inhalt des Vermächtnisses, weshalb eine Abgrenzung durch eine Teilungsanordnung, die durchaus kompliziert werden kann, erfolgt. In der erbrechtlichen Praxis bereitet es nicht selten Probleme, zwischen einer Erbeinsetzung und einem Vorausvermächtnis zu unterscheiden, so dass eine eindeutige Ausdrucksweise hier besonders wichtig ist.

Erblasser, die in ihrem Testament nicht nur Erben einsetzen, sondern zusätzlich auch Vor- und Nachvermächtnisnehmer bestimmen, schaffen eine spezielle Form des Vermächtnisses. Hierbei handelt es sich um ein Nachvermächtnis, das einigen besonderen Regelungen unterliegt. Zunächst steht der im Vermächtnis benannte Gegenstand dem Vorvermächtnisnehmer zu. Tritt eine im Vermächtnis beschriebene Bedingung ein, geht der betreffende Gegenstand in den Besitz des Nachvermächtnisnehmers über.

Vertiefende Auskünfte zum Vermächtnis:

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