Was erbt die getrennt lebende Ehefrau?

Zwei Menschen, die beschließen zu heiraten, gehen so miteinander den Bund fürs Leben ein und haben den festen Wunsch, fortan alles miteinander zu teilen. Als Ehegatten will man immer füreinander da sein und zudem sein Hab und Gut teilen. Auch der Gesetzgeber schreibt fest, dass im Falle des Ablebens eines Partners, der andere erben soll. Die gesetzliche Erbfolge zählt demnach den Ehepartner auch ohne leibliche Verwandtschaft zum erbberechtigten Kreis. Leider scheitern jedes Jahr zahllose Ehen, so dass man sich gegebenenfalls eingestehen muss, dass man dieses Vorhaben nicht erfüllen und die Ehe nicht fortsetzen kann. 

In vielerlei Hinsicht hat eine darauffolgende Trennung weitreichende Folgen. Insbesondere emotional muss man das Scheitern der Ehe erst einmal verkraften, denn die gesamte Lebensplanung wird hierdurch über den Haufen geworfen. Gleichzeitig darf man aber auch nicht die vermögensrechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte einer Trennung außer Acht lassen, die unter anderem das Erbrecht beinhalten. Aus diesem Grunde ist es ratsam man auch die Nachlassplanung überdenken, falls die Trennung länger andauert als eine durchschnittliche Versöhnungsphase, wie man sie bei einem Streit kennt.

Das Ehegattenerbrecht und Scheidungen

Obwohl der überlebende Ehegatte nicht mit dem verstorbenen Erblasser verwandt war, verfügt er über ein gesetzliches Erbrecht, was bedeutet dass dieser in der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt wird. Dies regelt das sogenannte Ehegatten-Erbrecht, das in §§ 1931 ff BGB juristisch verankert ist. Demzufolge hat der überlebende Ehegatte des Verstorbenen einen rechtlichen Anspruch auf eine Mindestbeteiligung am Nachlass, wobei die Höhe des Erbes vom Güterstand sowie der Existenz anderer gesetzlicher Erben abhängig ist. Bei einem Ehevertrag zur Gütertrennung stellt sich dies anders dar, als im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Darüber hinaus ist der Ehegatte aber auch Mitglied des pflichtteilsberechtigten Personenkreises gemäß § 2303 BGB, so dass er grundsätzlich nicht enterbt werden kann, da ihm ein Pflichtteil zusteht.

Da leider nicht jede Ehe von Dauer ist und einige Ehen zerbrechen, stellt sich natürlich die Frage, wie sich das gesetzliche Ehegattenerbrecht in Bezug auf Scheidungen verhält. Grundsätzlich sorgt ein Blick in den entsprechenden Paragraphen, in § 1931 BGB, denn hier ist ausschließlich die Rede vom Ehegatten des Erblassers. Die geschiedene Ehefrau beziehungsweise der Ex-Mann kann demnach keine erbrechtlichen Ansprüche mehr geltend machen, schließlich ist eine bestehende Ehe mit dem Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls die juristische Basis für das Ehegattenerbrecht. Die Frage, ob der geschiedene Ehepartner erbberechtigt ist, lässt sich somit eindeutig verneinen.

Haben die beiden Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament wie ein Berliner Testament errichtet, sind diese im Falle einer Scheidung oftmals unsicher, inwiefern die gemeinschaftliche Verfügung von Todes wegen weiterhin Bestand hat. Im § 2077 BGB ist hier die relevante Regelung des deutschen Erbrechts und lässt keine Fragen mehr offen. Demnach erlischt ein Berliner Testament mit der Scheidung der beiden Ehegatten. Auch wenn die Voraussetzungen für eine Scheidung erfüllt waren und der Erblasser der Scheidung vor seinem Ableben zugestimmt hat, wird eine letztwillige Verfügung, in der der Ehegatte bedacht wird, als nichtig betrachtet und hat somit keine Auswirkungen auf den jeweiligen Erbfall.

Scheidungen haben demzufolge große Auswirkungen auf das im deutschen Erbrecht manifestierte Ehegattenerbrecht und setzen dieses außer Kraft. Selbst Verfügungen von Todes wegen zugunsten des Ehegatten verlieren im Zuge einer Scheidung ihre Wirkung, es sei denn es muss davon ausgegangen werden, dass die Regelungen des Testaments auch im Falle einer Scheidung dem Wunsch des Erblassers entsprechend Anwendung finden sollen. Im Falle einer Scheidung sind die Verhältnisse zwischen den Eheleuten geklärt. Nach Abschluss des Scheidungsverfahrens gehen die einstigen Ehegatten in jeglicher Hinsicht getrennte Wege und haben auch keinen juristischen Anspruch mehr auf eine Beteiligung am Nachlass des Ex-Partners, schließlich gilt das Ehegattenerbrecht für sie nicht mehr.

Das Erbrecht getrennt lebender Ehegatten

Einer Scheidung geht für gewöhnlich eine gewisse Trennungsphase voraus, während der die beiden Ehegatten zwar noch miteinander verheiratet sind, im Alltag aber längst getrennte Wege gehen. Ist dies der Fall und einer der beiden Ehegatten verstirbt, gilt das Ehegattenerbrecht ohne Einschränkungen, schließlich waren die beiden Eheleute zum Zeitpunkt des Erbfalls rechtmäßig miteinander verheiratet. Folglich spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob die Ehe des Erblassers intakt war oder die Ehegatten getrennt lebten. Der deutsche Gesetzgeber macht hier keinen Unterschied, so dass die getrennt lebende Ehefrau selbstverständlich erbt, falls ihr Noch-Ehemann verstirbt.

Wer verhindern möchte, dass die getrennt lebende Ehefrau oder der getrennt lebende Ehemann im Ernstfall am eigenen Nachlass beteiligt wird, kann eine entsprechende Verfügung von Todes wegen errichten. In einem Testament oder Erbvertrag kann man den Ehegatten ohne Weiteres enterben, sollte sich allerdings bewusst, dass ein Ausschluss des Pflichtteilsanspruchs nicht möglich ist. Sind die Voraussetzungen aus § 2333 BGB erfüllt, kann man allerdings testamentarisch eine Pflichtteilsentziehung anordnen.

Eheleute, die ein gemeinschaftliches Testament errichtet haben, können dieses natürlich bereits in der Trennungsphase widerrufen. Falls es diesbezüglich Streit gibt, was bei getrennten Ehegatten natürlich häufig der Fall ist, kann auch ein einseitiger Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments erfolgen, der eine notarielle Beurkundung erfordert und erst mit dem Zeitpunkt wirksam wird, an dem der andere Ehegatte von dem Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments Kenntnis erlangt. Auch das Einreichen des Scheidungsantrages hat schon juristische Folgen und zwar auch im Bezug auf das Erbrecht. 

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