Erziehungsrecht und Sorgepflicht
Dass Kinder bei ihren Eltern aufwachsen, von diesen umsorgt und auch erzogen werden, ist im Allgemeinen eine Selbstverständlichkeit und wird daher für gewöhnlich nicht hinterfragt. Damit ein solches Familienleben möglich ist, muss der Gesetzgeber allerdings geeignete Voraussetzungen schaffen und unter anderem die Erziehungsberechtigung der Eltern definieren. In der Bundesrepublik Deutschland geht die Rechtsprechung gleich mehrfach hierauf ein. Mit jedem Recht ist jedoch auch eine Pflicht verbunden, weshalb hierzu auch Vorgaben zur Sorgerechtsverfügung gehören.
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Das Erziehungsrecht der Eltern im Grundgesetz
Zunächst befasst sich das Grundgesetz mit dem Erziehungsrecht der Eltern in Art. 6 GG. Hierin wird die Familie unter besonderen Schutz der staatlichen Ordnung gestellt. Darüber hinaus geht aus Art. 6 des Grundgesetzes hervor, dass die Pflege und Erziehung der Kinder den Eltern obliegen und deren natürliches Recht sind. Gleichzeitig handelt es sich hierbei aber auch um die Pflicht der Eltern, deren Kontrolle die staatliche Gemeinschaft übernimmt.
Das Erziehungsrecht ist demzufolge ein natürliches Recht der Eltern. Art. 6 GG beinhaltet allerdings auch Einschränkungen dieses Rechts. So ist hierin vorgesehen, dass ein Kind aus seiner Familie genommen werden kann, sofern ein Erziehungsversagen der Eltern vorliegt oder eine Verwahrlosung droht. Der Gesetzgeber spricht hierbei von einer Kindeswohlgefährdung. Ist dies der Fall, kann den Eltern somit ihr Erziehungsrecht zumindest zeitweise entzogen werden und eine Trennung der Kinder von der Familie erfolgen.
Das Erziehungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch und im Sozialgesetzbuch
Das Grundgesetz sichert das Erziehungsrecht der Eltern grundrechtlich ab, während das Bürgerliche Gesetzbuch ausführlicher auf diese Thematik eingeht und alle relevanten Regelungen beinhaltet. So sind alle Modalitäten des elterlichen Erziehungsrechts im Vierten Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches zu finden, das sich ausschließlich dem in Deutschland geltenden Familienrecht widmet.
§ 1631 BGB gibt den Inhalt sowie die Grenzen der Personensorge vor und erweist sich als juristische Grundlage für die Erziehungsberechtigung der Eltern für ihren Nachwuchs. Demzufolge sind die Pflege des Kindes, dessen Erziehung, Betreuung und auch die Bestimmung des Aufenthaltes Rechte und auch Pflichten im Zuge der Personensorge. Zudem sind eine gewaltfreie Erziehung sowie eine körperliche und seelische Unversehrtheit zu gewährleisten. Der deutsche Gesetzgeber gibt Eltern in § 1631 BGB zudem die Gelegenheit, auf Antrag fachliche Unterstützung bei der Ausübung des elterlichen Erziehungsrechts und sonstiger Aspekte der Personensorge zu erhalten.
Die Legitimation zur Ausübung der Personensorge resultiert allerdings aus Art. 6 GG, schließlich wird das Erziehungsrecht hierin als natürliches Recht der Eltern definiert. In § 1 SGB VIII wird zudem verdeutlicht, dass das Erziehungsrecht der Eltern nicht uneingeschränkt gilt. Die Fürsorgepflichten der Erziehungsberechtigten werden zu Beginn des Achten Buches des Sozialgesetzbuches hervorgehoben und erläutert. Das Erziehungsrecht ist somit zwar ein natürliches Recht der Eltern, wird diesen allerdings keineswegs schrankenlos verliehen.
Entzug des Erziehungsrechts
Dass das Erziehungsrecht den Eltern nicht schrankenlos verliehen wird, zeigt bereits der Umstand, dass im Grundgesetz die Kontrolle der staatlichen Gemeinschaft (Jugendamt und Familiengericht) übertragen wird. Weiterhin behält sich der Gesetzgeber das Recht vor, Kinder im Falle eines Erziehungsversagens der Eltern oder einer Gefährdung ihres Wohls aus der Familie zu nehmen. Das staatliche Wächteramt übt das Jugendamt gemäß § 8a SGB VIII aus.
Unabhängig davon, ob ein Erziehungsberechtigter sein Erziehungsversagen verschuldet hat oder mehr oder weniger unverschuldet in diese Situation geraten ist, für den Gesetzgeber steht das Kindeswohl an erster Stelle. Besteht eine Gefährdung, kann ein Entzug des elterlichen Erziehungsrechts erfolgen und das Jugendamt nimmt die Kinder in staatliche Obhut. Oftmals findet in einer derartigen Lage zumindest zunächst kein vollständiger Kindesentzug oder Entziehung des Erziehungsrechts statt. Lediglich ein Teilbereich wird auf Pfleger übertragen, die dann gemäß § 1688 BGB als Pflegeeltern die alltägliche Fürsorge und Erziehung des betreffenden Kindes mit eingeschränkten Entscheidungsbefugnissen ausüben. Auf diese Art und Weise wird dem natürlichen Erziehungsrecht der Eltern und dem Recht des Kindes auf Erziehung und Fürsorge Rechnung getragen.
Sorgepflicht
Die elterliche Sorge ist im Allgemeinen eine Selbstverständlichkeit, so dass sich die meisten Menschen keine Gedanken um die juristische Bedeutung machen. Diese ist aber durchaus von großer Bedeutung und wird vom deutschen Gesetzgeber an gleich mehreren Stellen des Bürgerlichen Gesetzbuches ausführlich definiert.Ihnen obliegt die Fürsorge, Pflege und Erziehung der Kinder sowie die Pflichten der Eltern für ihren Nachwuchs ergibt.
Weiterhin sieht auch das Bürgerliche Gesetzbuch für minderjährige Kindes das Wohlergehen als oberste Priorität. Im Falle eines Erziehungsversagens wird das Kind zumindest zeitweise von seinen Eltern getrennt und in Obhut einer Einrichtung oder Pflegefamilie gegeben wird. Folglich besteht durchaus die Möglichkeit, einen Entzug des Sorgerechts durchzusetzen.
Sorgepflicht und Erbrecht
Wenn ein Erblasser minderjährige Kinder hinterlässt, ist dies besonders tragisch, da diese einen Elternteil in einer Phase ihres Lebens verlieren, in dem sie tagtäglich auf ihn angewiesen sind. Natürlich ist es auch für Erwachsene überaus schmerzlich und schwer, den Vater oder die Mutter zu verlieren, doch Kinder leiden naturgemäß besonders unter einer solchen Situation. Oftmals handelt es sich um einen der ersten Todesfälle, den Kinder miterleben. Der Verlust eines Elternteils und die direkte Konfrontation mit der Endlichkeit des Lebens können zu einer immensen Belastung werden. Kinder müssen daher von ihrem Umfeld und vor allem dem verbliebenen Elternteil aufgefangen und gestützt werden, um mit der Lage zurechtzukommen.
Auch in juristischer Hinsicht darf man eine solche Situation nicht unterschätzen, schließlich muss die Ausübung des Sorgerechts und der Sorgepflicht gewissermaßen neu strukturiert werden. Grundsätzlich obliegt dies beiden Elternteilen, sofern kein alleiniges Sorgerecht vorliegt. Verstirbt die Mutter oder der Vater ist der überlebende Elternteil fortan alleiniger Inhaber des Sorgerechts und der Sorgepflicht.
Ob der verstorbene Elternteil Inhaber der Sorgepflicht war oder diese beispielsweise nach der Scheidung allein bei dem anderen Elternteil lag, ist für die Erbberechtigung des Kindes unerheblich. Kinder haben in der gesetzlichen Erbfolge absoluten Vorrang und werden hier in der ersten Ordnung vor allen anderen Verwandten berücksichtigt. Zudem gehören die Kinder natürlich auch zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis und haben somit stets einen Anspruch auf eine Mindestbeteiligung nämlich dem Pflichtteil beim Erben. Ausschlaggebend dafür, dass ein Kind als Abkömmling des Erblassers gilt, ist einzig und allein die juristische Elternschaft.
Sorgepflicht und Testamentsvollstreckung
Im Zusammenhang mit der Sorgepflicht stellt sich im Erbfall aber nicht nur die Frage nach der künftigen Sorge für den minderjährigen Nachwuchs und dessen Erbberechtigung. Da minderjährige Kinder noch nicht voll geschäftsfähig sind, können diese noch nicht über ihre Erbschaft verfügen. Gegebenenfalls vergehen Jahre von der Erbschaft bis zur Volljährigkeit des minderjährigen Erben. Eine Testamentsvollstreckung erweist sich diesbezüglich oftmals als perfekte Lösung, da so der Testamentsvollstrecker sicherstellt, dass das geerbte Vermögen dem betreffenden Kind zugutekommt. Indem der Erblasser in seinem Testament eine Testamentsvollstreckung anordnet, kann er demnach dafür sorgen, dass nicht die Eltern, sondern der Testamentsvollstrecker das Erbe verwaltet. Beim Behindertentestament ist dies im Übrigen gängige Praxis.
In einigen Fällen ergeben sich im Zuge dessen allerdings Konflikte, wenn der Testamentsvollstrecker gleichzeitig die Sorgepflicht für einen oder mehrere Erben innehat. Hierdurch kann mitunter ein Interessenkonflikt entstehen, weil fraglich ist, ob der Testamentsvollstrecker, der gleichzeitig gesetzlicher Vertreter eines minderjährigen Erben ist, seine Aufgaben angemessen wahrnehmen kann. Um ein derartiges Insichgeschäft zu vermeiden, kann zusätzlich noch ein Ergänzungspfleger vom Gericht bestellt werden, der dann die Rechte der Kinder den Eltern gegenüber vertritt. Die einfachste Lösung wäre natürlich, die Bestimmung eines anderen Testamentsvollstreckers, was allerdings oftmals nicht in Frage kommt. Künftige Erblasser, die in ihrem Testament eine Testamentsvollstreckung anordnen, wollen üblicherweise sicherstellen, dass eine ihnen vertraute Person diese Aufgabe übernimmt. So kommt es oft dazu, dass der überlebende Ehegatte oder ein anderer naher Verwandter die Rolle des Testamentsvollstreckers übernimmt. In vielen Fällen ist der Testamentsvollstrecker dann gleichzeitig der Sorgeberechtigte für minderjährige Erben des Erblassers. Die gerichtliche Bestellung eines Ergänzungspflegers erweist sich demzufolge häufig als bestmöglicher Kompromiss.