Kindesentzug

Das deutsche Gesetz räumt den Eltern eines Kindes das Erziehungs- und Sorgerecht ein und verpflichtet diese gleichzeitig hierzu. Außerdem ist juristisch verankert, dass ein minderjähriges Kind zu beiden Elternteilen Kontakt pflegen können sollte, schließlich sind sowohl die Mutter als auch der Vater an der Entwicklung des Kindes maßgeblich beteiligt. In Artikel 6 des deutschen Grundgesetzes ist in diesem Sinne festgelegt, dass die Familie unter einem besonderen Schutz steht und die Pflege und das Recht auf die Erziehung der Kinder gleichfalls das natürliche Recht der Eltern darstellt. In seltenen Fällen können oder wollen diese ihren Rechten und Pflichten jedoch nicht ordnungsgemäß nachkommen.

Grundsätzlich spielt es keine Rolle, ob die beiden Elternteile eines Kindes zusammenleben oder nicht, schließlich hat der Nachwuchs ein Recht auf beide Elternteile. In § 1626 BGB ist daher definiert, dass ein Umgangsrecht mit beiden Elternteilen zum Kindeswohl zu bewerkstelligen ist. Während die Sachlage in der Theorie klar und eindeutig erscheint, kann es sich in der Praxis als durchaus schwierig erweisen, als getrennte Eltern gemeinsam die elterliche Sorge auszuüben. Recht häufig hat dann in der Praxis auch ein Elternteil die Vormundschaft bei Minderjährigen und der andere ein Besuchs- und Mitspracherecht.

Kindesentzug durch einen Elternteil

Nicht selten verläuft die Klärung des Sorgerechts im Zuge einer Trennung beziehungsweise Scheidung alles andere als glücklich und einvernehmlich, so dass oftmals diese Familiensachen vor dem Familiengericht zum Wohle des Kindes entscheiden. Häufig wird einem Elternteil dann das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen, wodurch der Nachwuchs bei dem betreffenden Elternteil lebt. Im Idealfall ist diesbezüglich aber keine gerichtliche Entscheidung erforderlich, da sich die Eltern harmonisch einigen können, wo die Kinder nach der Trennung leben werden.

Ist der andere Elternteil mit der jeweiligen Lösung unzufrieden und wünscht sich, seine Kinder bei sich zu haben, kann dies mitunter schwerwiegende Konsequenzen haben. Wenn sich der betreffende Elternteil, der nicht über das Aufenthaltsbestimmungsrecht verfügt, auflehnt und die Kinder nicht mehr herausgibt, vielleicht sogar mit dem Nachwuchs verschwindet, spricht man von einem Kindesentzug. Obwohl es sich um einen Elternteil handelt, ist der Tatbestand der Kindesentführung gegeben, was selbstverständlich auch strafrechtlich verfolgt wird. Während der sorgeberechtigte Elternteil in der Regel große Ängste aussteht, befindet sich der andere Elternteil für gewöhnlich in einer großen emotionalen Notlage, schließlich will er für seine Kinder sorgen, kann dies aber nicht in dem Umfang, in dem er es gerne tun würde. Nichtsdestotrotz ist dies natürlich keine Rechtfertigung für einen Kindesentzug. Stattdessen sollten die Eltern zum Wohle der Kinder entscheiden und das Umgangsrecht so gestalten, dass alle Beteiligten hiermit zufrieden leben können.

Kindesentziehung durch das Jugendamt

Ein Kindesentzug kann aber nicht nur durch einen Elternteil erfolgen, sondern wird oftmals auch vom zuständigen Jugendamt in die Wege geleitet. In Anbetracht der Tatsache, dass die Jugendämter das staatliche Wächteramt im Zusammenhang mit der Erziehung und Fürsorge für minderjährige Kinder übernehmen, sind sie diesbezüglich natürlich in der Pflicht und haben das Kindeswohl sicherzustellen. Gemäß § 1 SGB VIII hat das Kindeswohl oberste Priorität. Sollte eine Kindeswohlgefährdung vorliegen, die beispielsweise auf das Erziehungsversagen der Eltern zurückzuführen ist, kann das Jugendamt gegebenenfalls einen Kindesentzug in die Wege leiten. Dies ist aber die letzte Lösung und vom Gesetzgeber nur in Ausnahmefällen vorgesehen, da grundsätzlich eine Erziehungshilfe lt. Kinder- und Jugendhilfegesetz stattfinden sollte, um die Kinder in ihrer Familie belassen zu können.

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