Internationales Erbrecht: Schweiz
Die juristische Grundlage des Schweizer Erbrechts findet sich im Schweizer Zivilgesetzbuch, in dem alle Regelungen enthalten sind, die in Zusammenhang mit erbrechtlichen Angelegenheiten von Relevanz sind. Wie allgemein üblich definiert auch das Schweizer Erbrecht detailiert, wie der Nachlass eines Verstorbenen verteilt wird und zugunsten welcher Personen dies zu geschehen hat. Für den Fall, dass ein Erbfall auch ausländisches Recht berührt, gilt unter anderem das Bundesgesetz zum internationalen Privatrecht.
Das Schweizer Erbrecht differenziert grundsätzlich zwischen der testamentarischen Erbeinsetzung und der Erbeinsetzung durch die gesetzliche Erbfolge. Während die testamentarische Erbeinsetzung auf dem Willen des Erblassers basiert, den er im Rahmen eines Testaments oder einer anderweitigen Verfügung von Todes wegen festgelegt hat, greift die gesetzliche Erbfolge für den Fall, dass eine solche Verfügung nicht existiert. Unabhängig davon, ob der Erblasser zu Lebzeiten Vorkehrungen getroffen hat oder nicht, kann also eine Erbeinsetzung stattfinden.
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Gesetzliche Erbfolge in der Schweiz
Für den Fall, dass ein verstorbener Erblasser keine Vorkehrungen für seinen eigenen Erbfall getroffen oder zumindest keine rechtskräftige Verfügung hinterlassen hat, existiert in der Schweiz der gesetzliche Erbanspruch. Die hieraus resultierende gesetzliche Erbfolge ist in Art. 457 – 466 ZGB geregelt und basiert auf dem Verwandtenerbrecht.
Gemäß dem geltenden Ordnungssystem erben in erster Linie die Nachkommen der ersten Generation, sprich die Kinder des Erblassers. Das Nachlassvermögen wird unter ihnen gleichmäßig aufgeteilt. Die Enkelkinder des verstorbenen Erblassers erben als Nachkommen der zweiten Generation nur, wenn der Vorfahr, über den sie mit dem Verstorbenen verwandt waren, bereits verstorben ist. Ist dies der Fall, treten die betreffenden Nachkommen zweiter Generation an die Stelle ihres verstorbenen Vorfahren und teilen sich das Erbe somit mit den noch lebenden Kindern des Erblassers, sofern vorhanden.
Die Eltern des verstorbenen Erblassers werden in der gesetzlichen Erbfolge der Schweiz berücksichtigt, falls keine Abkömmlinge existieren. Die beiden Elternteile erben in einer solchen Situation zu gleichen Teilen. Ist ein Elternteil bereits vorverstorben, treten dessen Nachkommen in erbrechtlicher Hinsicht an seine Stelle. Wenn weder Abkömmlinge des Erblassers existieren, noch die Eltern zur Erbfolge berufen werden können, geht das Erbe in den Besitz der Großeltern bzw. deren Nachkommen über.
Neben den Blutsverwandten hat natürlich auch der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner in der Schweiz ein gesetzliches Erbrecht. Neben den Abkömmlingen wird dieser dann zur Hälfte an der betreffenden Erbschaft beteiligt. Für den Fall, dass die Eltern und deren Stamm von Gesetzes wegen als Erben eingesetzt werden, da es keine Nachkommen gibt, erbt der überlebende Ehegatte drei Viertel des Nachlasses. In allen anderen Fällen wird der Lebenspartner oder Ehegatte, sofern vorhanden, zum Alleinerben und schließt somit entferntere Verwandte von der gesetzlichen Erbfolge aus.
Testament in der Schweiz
In der Schweiz gilt eine allgemeine Testierfreiheit, die künftigen Erblassern die Möglichkeit gibt, bei der Bestimmung der testamentarischen Erbfolge vollkommen frei vorzugehen. So steht es jedem Testierenden frei, welche Personen durch die testamentarische Erbeinsetzung zu Erben werden und in welcher Form diese am Nachlass beteiligt werden sollen. Diese Verfügungsfreiheit ist die konsequente Fortsetzung der Eigentumsrechte, schließlich gewährt das Schweizer Recht Eigentümern einer Sache vollkommene Verfügungsgewalt über ihr Eigentum. Dank der Testierfreiheit gilt dies auch über den Tod hinaus, sofern der Erblasser eine entsprechende Verfügung von Todes wegen hinterlassen hat.
Die Verfügungsfreiheit bei der Errichtung eines Testaments unterliegt aber auch in der Schweiz gewissen Einschränkungen, die sich nicht nur in Zusammenhang mit dem Pflichtteilsrecht zeigen. So gilt es bei der Errichtung eines Testaments oder einer anderweitigen Verfügung von Todes wegen, wie zum Beispiel einem Erbvertrag, stets die Formvorschriften des Schweizer Erbrechts einzuhalten. Geschieht dies nicht, kann die Verfügung für unwirksam erklärt werden.
Der Schweizer Gesetzgeber kennt das mündliche, eigenhändige und öffentliche Testament, wobei das Testament in der Schweiz im Allgemeinen als letztwillige Verfügung bezeichnet wird. Bei der öffentlichen Verfügung handelt es sich um eine amtliche Urkunde, die von einem in dem jeweiligen Kanton zuständigen Notar oder Beamten aufgenommen wird. Zudem ist auch die Anwesenheit von zwei Zeugen erforderlich, denn diese bestätigen durch ihre Unterschrift, dass der Inhalt der Verfügung dem Willen des Erblassers entspricht und dieser sein Einverständnis mit seiner Unterschrift erklärt hat.
Die eigenhändige Verfügung entspricht dem eigenhändigen Testament in Deutschland, denn auch die Schweizer Variante muss komplett vom Testierenden handschriftlich verfasst werden und selbstverständlich dessen Unterschrift tragen. Darüber hinaus verlangt das Schweizer Erbrecht die Datierung einer solchen Verfügung. Zeugen oder andere Amtspersonen sind bei der Errichtung eines derartigen Testaments nicht erforderlich.
Die mündliche Verfügung stellt in der Schweiz eine Art Nottestament dar, denn diese Variante ist nur in wenigen Ausnahmefällen zulässig, in denen die Errichtung eines anderen Testaments nicht möglich ist. Befindet sich der Testierende in Todesgefahr oder in einer mitunter bedrohlichen Situation, wie zum Beispiel im Krieg oder im Einzugsgebiet einer Epidemie, kann dieser zwei Zeugen gegenüber seinen letzten Willen erklären. Die Zeugen müssen eine entsprechende Verfügung mit Ort und Datum erstellen, diese mit ihrer Unterschrift bestätigen und schnellstmöglich an die zuständige Behörde weiterleiten. Falls der potentielle Erblasser zumindest zunächst nicht verstirbt und wieder in der Lage sein sollte, ein ordnungsgemäßes Testament zu errichten, verliert die mündliche Verfügung innerhalb von 14 Tagen ihre Gültigkeit.
Pflichtteil im Schweizer Erbrecht
Das Schweizer Erbrecht kennt ebenso wie das deutsche Erbrecht den sogenannten Pflichtteil. Demnach werden nahe Angehörige auch dann am Nachlass des Verstorbenen beteiligt, wenn sie durch die letztwillige Verfügung des Erblassers ausdrücklich von der Erbfolge ausgeschlossen oder zu geringfügig bedacht wurden. Dieser Ansatz stammt noch aus dem alten Rom, das als Ursprung des modernen Erbrechts gilt, und soll sicherstellen, dass die nächsten Verwandten im Zuge des Nachlassverfahrens nicht leer ausgehen.
Aber auch im Bezug auf den Pflichtteil zeichnet sich das Schweizer Erbrecht durch einige Besonderheiten aus. So werden Pflichtteilsberechtigte, die von ihrem juristischen Anspruch auf ihren jeweiligen Pflichtteil Gebrauch machen, zu Erben. In der Praxis bedeutet dies, dass die betreffenden Personen wie alle anderen Erben auch für die Rechte und Pflichten des verstorbenen Erblassers einstehen. Darüber hinaus haben Erben, deren testamentarischer Erbteil unter dem Pflichtteil liegt, einen Anspruch auf einen entsprechenden Ausgleich, sodass sie wenigstens in Höhe des Pflichtteils am Erbe beteiligt werden. Während der deutsche Gesetzgeber in einem solchen Fall von einem Pflichtteilsergänzungsanspruch spricht, haben Schweizer Pflichtteilsberechtigte dann einen Anspruch auf Angleichung.
Die Höhe des Pflichtteils ergibt sich aus Art. 471 ZGB, der sich mit diesem Bereich des Schweizer Erbrechts befasst. Demnach erhalten Abkömmlinge des Erblassers drei Viertel des ihnen ansonsten zustehenden gesetzlichen Erbteils. Die Eltern des Verstorbenen können die Hälfte ihres gesetzlichen Erbanspruchs als Pflichtteil geltend machen, ebenso wie der überlebende Ehegatte bzw. der eingetragene Lebenspartner.
Die Schweizer Erbschaftssteuer
Die Schenkungs- und Erbschaftssteuer fällt in der Schweiz in die Steuerhoheit der einzelnen Kantone. Durch die Kantonale Zuständigkeit ergeben sich in der Schweiz mitunter gravierende Unterschiede, schließlich besteht das Alpenland aus insgesamt 26 Kantonen. Bezüglich der Erbschaftssteuer existiert in der Schweiz demnach eine große Vielfalt, die es insbesondere Laien nicht leicht macht, sich einen Überblick über das erbschaftssteuerliche System der Schweiz zu verschaffen.
Nichtsdestotrotz bestehen gewisse Gemeinsamkeiten der Schweizer Erbschaftssteuer. Hierzu zählt unter anderem die Tatsache, dass überlebende Ehegatten in sämtlichen Kantonen von der Erbschaftssteuer befreit sind und somit keinen Teil ihrer Erbschaft an den Fiskus abtreten müssen. In einigen Kantonen, wie zum Beispiel Obwalden, Schwyz oder Zug, werden eingetragene Lebenspartner ebenfalls von der Erbschaftssteuer freigestellt. Eine solche Gleichstellung existiert aber nicht in allen Kantonen, denn während Lebenspartner in Aargau steuerrechtlich den Eltern gleichgestellt werden und somit zwischen 4 und 9 Prozent Erbschaftssteuer zahlen müssen, beläuft sich die Schweizer Erbschaftssteuer für eingetragene Lebenspartner in Freiburg auf 30 bis 50 Prozent, da sie wie Dritte behandelt werden.
Ein Abkömmling des verstorbenen Erblassers, wie zum Beispiel dessen Kinder oder Enkelkinder, werden in der Schweizer Erbschaftssteuer nur geringfügig oder sogar überhaupt nicht berücksichtigt, sodass die Steuerlast für diese durchweg gering ausfällt. In Aargau, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern, Freiburg, Genf, Glarus, Graubünden, Jura, Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, St. Gallen, Tessin, Thurgau, Uri, Wallis, Zug und Zürich liegt der aktuelle Erbschaftssteuersatz für Abkömmlinge bei 0 Prozent. In den restlichen Kantonen müssen die Nachfahren des Verstorbenen zwischen 1 und 3,5 Prozent Erbschaftssteuer an den Fiskus abführen. Während die Eltern des Erblassers je nach Kanton zwischen 0 und 15 Prozent Erbschaftssteuer zahlen müssen, liegt diese für Geschwister bei 0 bis 23 Prozent. Andere Erben haben in der Schweiz mit 0 bis 50 Prozent Erbschaftssteuer zu rechnen.
Ebenso unterschiedlich wie die Erbschaftssteuersätze gestalten sich auch die Freibeträge in der Schweiz. So obliegt es jedem Kanton, die Freibeträge für die Erbschaftssteuer zu definieren. Die erbschaftssteuerlichen Freibeträge reichen von 0 Schweizer Franken bis hin zu 250.000 Schweizer Franken. Die Höhe des persönlichen Freibetrags hängt vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem verstorbenen Erblasser und dem Erben ab, wobei die Erbschaftssteuerfreibeträge in der Schweiz auch von Kanton zu Kanton variieren.
– Grundsätzliches zum internationalen Familien- und Erbrecht
– Internationales Erbrecht (alle Länder in der Übersicht)