Internationales Erbrecht: Belgien

Das Königreich Belgien verfügt über ein umfassendes Erbrecht, das juristisch verankert ist und alle erbrechtlichen Angelegenheiten detailliert regelt. Auf diese Art und Weise dürften auch in Belgien keine Fragen offen bleiben, wenn es um die Nachlassregelung geht. Zuerst einmal gilt es jedoch zu klären, ob das belgische Erbrecht in einem Erbfall überhaupt Anwendung findet. Hierfür entscheidend ist der letzte Wohnsitz des verstorbenen Erblassers. Lebte dieser bis zu seinem Tod in Belgien, sind grundsätzlich auch die belgischen Behörden für die Nachlassabwicklung zuständig.

Ähnlich wie in Deutschland läuft ein Erbfall in Belgien vollkommen automatisch ab, sodass der Nachlass ohne weiteres Zutun oder spezielles Verfahren in den Besitz der Erben übergeht. Lediglich im Falle von Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft oder bei Vorliegen bestimmter Erbteilungen werden die Gerichte tätig und setzen sich für eine gütliche Lösung des Konflikts ein.

Im belgischen Erbrecht ist der Notar der zentrale Ansprechpartner in erbrechtlichen Angelegenheiten und steht den Erben mit Rat und Tat zur Seite. Als Experte für Erbrecht verhilft dieser seinen Mandanten zu ihrem Recht. Im Allgemeinen steht es Erben frei, ob sie die Hilfe eines Notars in Anspruch nehmen, doch in gewissen Ausnahmefällen, wie zum Beispiel Erbstreitigkeiten oder in bestimmten Situationen, schreibt das belgische Erbrecht das Hinzuziehen eines Notars vor. Dieser erstellt außerdem die Anmeldung des Erbfalls, die in Belgien von den Steuerbehörden eingefordert wird.

Eine weitere, große Besonderheit des Erbrechts von Belgien besteht darin, dass dieses eine Nachlassspaltung zulässt. Während die Sachlage bei belgischen Erblassern mit Wohnsitz in Belgien vollkommen klar ist, gestaltet sich dies bei internationalen Erbfällen etwas anders. Hier stellt sich stets die Frage, welches Erbrecht in dem konkreten Fall Anwendung findet. Das belgische Erbrecht macht dies grundsätzlich davon abhängig, wo sich der letzte Wohnsitz des verstorbenen Erblassers befand. Lag dieser im Königreich Belgien, gilt demnach das belgische Erbrecht.

Der belgische Gesetzgeber ermöglicht jedoch auch eine Nachlassspaltung, in deren Rahmen das Vermögen des Erblassers dem Erbrecht verschiedener Staaten unterliegt. Hierfür existieren in der belgischen Rechtssprechung natürlich konkrete Vorgaben, sodass für bewegliches Vermögen der Wohnsitz des Erblassers entscheidend ist. Im Gegensatz dazu findet für unbewegliches Vermögen im Zuge einer Nachlassspaltung das Erbrecht Anwendung, das am Lageort der betreffenden Sache gilt.

Testament im belgischen Erbrecht

Das belgische Erbrecht akzeptiert insgesamt zwei Varianten des Testaments. Bei der Errichtung einer solchen Verfügung von Todes wegen haben Erblasser grundsätzlich die Wahl zwischen einem eigenhändigen und einem notariellen Testament. Gemäß dem Grundsatz „Locus regit actum“ erkennt der Gesetzgeber in Belgien aber auch letztwillige Verfügungen an, die dem Recht eines anderen Staates entsprechen. Das betreffende Testament muss dann aber auch in dem Staat errichtet worden sein. Diese Regelung gilt ausschließlich für grenzüberschreitende Erbfälle.

Ein eigenhändiges Testament muss dem belgischen Erbrecht entsprechend vom Testierenden allein verfasst werden. Darüber hinaus bedarf eine solche Verfügung von Todes wegen der Unterschrift des künftigen Erblassers und muss außerdem mit dem Datum versehen werden. Nur wenn all dies der Fall ist, liegt ein in Belgien rechtskräftiges eigenhändiges Testament vor. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, ein notarielles Testament zu errichten. Wie der Name bereits aussagt wird eine derartige Verfügung durch einen anerkannten Notar öffentlich beurkundet. Notarielle Testamente müssen in Belgien nicht nur von einem Notar beurkundet werden, sondern ebenfalls ins Zentralregister der letztwilligen Verfügungen, das vom königlichen Verband belgischer Notare verwaltet wird, eingetragen werden.

In Belgien herrscht im Allgemeinen eine Testierfreiheit, sodass es Erblassern freisteht, wie sie ihren Nachlass testamentarisch verteilen, aber ähnlich wie in Deutschland existieren diesbezüglich gewisse Einschränkungen. Was hierzulande der Pflichtteil ist, ist in Belgien der sogenannte Vorbehalt. Dem Grundsatz des Vorbehalts entsprechend sieht das belgische Erbrecht eine Beteiligung der Kinder, Eltern und des überlebenden Ehegatten in Form des Vorbehalts (Mindestteil) vor, sofern diese im Rahmen des Testaments nicht berücksichtigt werden.

Gesetzliche Erbfolge im belgischen Erbrecht

Die Erbeinsetzung muss in Belgien nicht zwingend mithilfe eines Testaments erfolgen, obgleich eine solche Verfügung die Nachlassabwicklung maßgeblich vereinfachen kann und den letzten Willen des Verstorbenen widerspiegelt. Falls kein Testament vorhanden ist, findet die gesetzliche Erbfolge Belgiens Anwendung, sodass auch für diesen Fall ausführliche Vorschriften existieren.

Die gesetzliche Erbfolge Belgiens basiert auf einem Ordnungssystem und kennt insgesamt vier Erbordnungen. So wird grundsätzlich zwischen Abkömmlingen, privilegierten Nebenlinien, zu denen die Eltern, Geschwister und deren Abkömmlinge gehören, Vorfahren und einfachen Nebenlinien differenziert. Erben einer höheren Ordnung schließen hierbei alle Erben folgender Ordnungen von der Erbfolge aus. Demnach erben in erster Linie die Kinder des verstorbenen Erblassers. Nur falls keine Abkömmlinge existieren, sieht die gesetzliche Erbfolge Belgiens eine Beteiligung am Nachlass anderer Verwandter vor.

Abgesehen von den Blutsverwandten, die in der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt werden, erbt in Belgien auch der überlebende Ehegatte. Der Umfang des Erbteils hängt davon ab, welche Verwandten der Erblasser hinterlässt und welchen Güterstand das Ehepaar vereinbart hatte. Das Zivilgesetzbuch regelt außerdem ebenfalls das Erbrecht von eingetragenen Lebenspartnern.

Erbschaftssteuer in Belgien

Im Zuge eines Erwerbs von Todes wegen fallen in Belgien wie auch in Deutschland Erbschaftssteuern an. Juristische Grundlage für die belgische Erbschaftssteuer ist je nach Gebiet die Gesetzgebung der Wallonischen Region, der Region Brüssel-Hauptstadt oder der Flämischen Region. Bei internationalen Erbfällen gilt es aber auf jeden Fall zu beachten, dass zwischen Belgien und Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen existiert.

Die Freibeträge und Erbschaftssteuersätze variieren innerhalb des belgischen Königreichs mitunter stark, sodass die Region, in der es zu dem Erbfall kommt, für die Höhe der zu entrichtenden Erbschaftssteuer von zentraler Bedeutung ist. Bereits bei der Ermittlung des Nachlasses bestehen gewisse Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen, wodurch sich eine andere Berechnungsgrundlage für die Erbschaftssteuer ergibt. Im Vergleich zum deutschen Erbschaftssteuergesetz fallen die Freibeträge in Belgien aber insgesamt geringer aus. Zudem sind Steuersätze von bis zu 80 Prozent möglich, wodurch die Steuerlast in Folge eines Erwerbs von Todes wegen recht hoch ausfallen kann.

Grundsätzliches zum internationalen Familien- und Erbrecht
Internationales Erbrecht (alle Länder in der Übersicht)

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