Enterben leicht gemacht So gehts

Die Aussicht darauf, dass ungeliebte Verwandte am persönlichen Nachlass beteiligt werden und erben, ist vielen Menschen ein Graus und bewegt sie dazu, sich zu Lebzeiten intensiv mit dem eigenen Tod und der damit verbundenen Erbschaft zu befassen. Zunächst ist es ratsam, sich als künftiger Erblasser mit dem geltenden Erbrecht auseinanderzusetzen und im Zuge dessen festzustellen, wie die gesetzliche Erbfolge geregelt ist. Für Deutschland ist in diesem Zusammenhang § 1924 bis § 1936 BGB entscheidend, denn hierin wird die gesetzliche Erbfolge als Verwandtenerbrecht definiert. Neben dem überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner haben demnach nur die nächsten Verwandten des Verstorbenen nach dessen Tod einen juristischen Anspruch auf das Erbe.

In vielen Fällen entspricht die Rangfolge der gesetzlichen Erbfolge nicht den Wünschen und Vorstellungen des künftigen Erblassers, so dass ein dringender Handlungsbedarf besteht. Ein Testament oder eine anderweitige Verfügung von Todes wegen kann hier leicht Abhilfe schaffen und dem Erblasser die Möglichkeit geben, eine gewillkürte Erbfolge zu definieren. Im Zuge dessen kann man auch eine Enterbung vornehmen und auf diese Art und Weise bestimmte Personen gänzlich von der Erbfolge ausschließen. Testierenden kommt so die in der Bundesrepublik Deutschland juristisch manifestierte Testierfreiheit gemäß § 1937 BGB zugute.

Enterbungen und das Pflichtteilsrecht

Dank der Testierfreiheit kann man als Erblasser frei entscheiden, wer in welchem Umfang am eigenen Nachlass beteiligt werden soll. Folglich ist es grundsätzlich immer ratsam, ein Testament zu errichten, das diesbezüglich keine Fragen unbeantwortet lässt. Auch eine Enterbung kann man testamentarisch vornehmen und so im Testament verfügen, dass bestimmte Personen nicht erben. Handelt es sich bei den Enterbten allerdings um die Kinder oder andere nahestehende Verwandte, kann das gesetzlich vorgesehene Pflichtteilsrecht die komplette Enterbung behindern.

Sinn und Zweck des Pflichtteilsrechts ist es, nahe Verwandte sowie den Ehegatten beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner des Verstorbenen davor zu bewahren, im Erbfall vollkommen leer auszugehen. Der deutsche Gesetzgeber verfolgt somit eine ehrbare Absicht, doch persönliche Umstände können dennoch dazu führen, dass Erblasser eine Enterbung vornehmen möchten. Im Allgemeinen steht es jedem Menschen frei, Personen nach seinem Belieben zu enterben. Zu diesem Zweck genügt es, dies in der letztwilligen Verfügung zum Ausdruck zu bringen. Im Falle einer solchen Enterbung spricht man auch von einem negativen Testament.

Pflichtteilsberechtigte enterben

In Zusammenhang mit dem Pflichtteilsrecht und einer Enterbung stößt die deutsche Testierfreiheit an ihre Grenzen, was Testierende nicht selten zu spüren bekommen. Wenn Eltern keinen Kontakt zu ihren Kindern haben oder der Ehegatte aus diversen Gründen noch nicht einmal den Pflichtteil bekommen soll, stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten der Enterbung das Erbrecht vorsieht. Unter gewissen Voraussetzungen kann ein sogenannter Pflichtteilsentzug gemäß § 2333 BGB erfolgen, der dann einer vollständigen Enterbung des Pflichtteilsberechtigten entspricht. Damit die Entziehung des Pflichtteils rechtskräftig erfolgen kann, müssen allerdings triftige Gründe vorliegen und im Testament angeführt werden. Abkömmlinge, die dem Erblasser oder einer ihm nahestehenden Person nach dem Leben trachten oder sich diesen gegenüber eines Verbrechens oder schweren vorsätzlichen Vergehens schuldig gemacht haben, können durch einen Pflichtteilsentzug enterbt werden. Dies gilt ebenfalls für den Fall, dass der Abkömmling seiner Unterhaltspflicht dem Erblasser gegenüber böswillig nicht nachgekommen ist. Darüber hinaus erlaubt der deutsche Gesetzgeber die Entziehung des Pflichtteils, sofern der Pflichtteilsberechtigte zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt wurde.

Liegt einer der in § 2333 BGB definierten Gründe vor, ermöglicht das deutsche Erbrecht eine Enterbung, da es nicht zumutbar erscheint, die betreffende Person am Nachlass des Erblassers zu beteiligen. Die Voraussetzungen für einen Pflichtteilsentzug gelten nicht nur für die Kinder oder andere Abkömmlinge des Erblassers, sondern ebenfalls für seine Eltern sowie dessen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner.

Pflichtteilsrecht anderweitig umgehen, um eine Enterbung zu erreichen

Die vom Gesetzgeber festgelegten Gründe für einen Pflichtteilsentzug treffen in nur relativ wenigen Fällen zu, so dass bei vielen Erblassern zwar der Wunsch besteht, eine pflichtteilsberechtigte Person vom Erbe auszuschließen, § 2333 BGB hierfür allerdings keine adäquate juristische Grundlage liefert. Folglich liegt es nahe, nach alternativen Wegen zu suchen, um das Pflichtteilsrecht zu umgehen. Wer auf den Gedanken kommt, die betreffende Person mit einer sehr geringen Erbschaft abspeisen zu können, irrt sich, denn in einem solchen Fall kann diese Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen.

Eine Schenkung erscheint daher vielen künftigen Erblassern als perfekte Lösung. Indem sie ihr Vermögen zu Lebzeiten weitergeben, mindern sie ihren Nachlass, so dass praktisch nichts zum Vererben übrig bleibt und ungeliebte Verwandte somit kein Geld erhalten. Dies ist jedoch nur begrenzt möglich, da Schenkungen, die in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall getätigt wurden, erbrechtlich berücksichtigt werden.

In Anbetracht der Gesetzeslage liefert nur § 2333 BGB adäquate Optionen für eine Enterbung. Sollte keiner der Gründe zutreffen, kann man schlichtweg keine Enterbung vornehmen, sofern es sich um einen Pflichtteilsberechtigten handelt. Gegebenenfalls können künftige Erblasser versuchen, zu Lebzeiten eine Lösung zu finden, indem sie beispielsweise einen Pflichtteilsverzicht mit der betreffenden Person vereinbaren.

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