Gesetzliches Erbe einfordern
Obgleich die Errichtung eines Testaments vielerlei Vorteile bietet und künftigen Erblassern die Möglichkeit gibt, für den eigenen Erbfall vorzusorgen, machen nur verhältnismäßig wenige Menschen von dieser Option Gebrauch. In den meisten Erbfällen existiert kein rechtskräftiges Testament, so dass die Nachlass-Verteilung auf andere Art und Weise geregelt werden muss. Dass eine Nachlassregelung auch in Ermangelung einer Verfügung von Todes wegen stattfindet, steht außer Frage, denn das Hab und Gut des verstorbenen Erblassers braucht natürlich einen neuen Eigentümer. Mit dem Tod eines Menschen findet automatisch auch ein Erbfall statt, im Zuge dessen die Erben die Rechtsnachfolge des Verstorbenen antreten. Neben den aktiven Vermögenswerten können oder müssten diese ebenfalls die etwaigen Schulden erben und treten somit in vermögensrechtlicher Hinsicht an die Stelle des Erblassers. In Deutschland existiert ein gesetzliches Erbrecht, welches im BGB geordnet und bestimmt ist und auch ohne Testament findet jeder Nachlass einen Erben. Ist die Erbensuche erfolglos, so übt der Fiskus das Erbrecht des Finanzamts aus.
Liegt kein Testament vor, in dem eine Erbeinsetzung vorgenommen wird, stellt sich in diesem Zusammenhang also lediglich die Frage, wer zunächst oder überhaupt zur Erbfolge berufen wird. Zumeist wird eine Erbengemeinschaft Eigentümer des gesamten Nachlasses, so dass alle Miterben gemeinschaftlich über das Erbe verfügen können. Erst im Rahmen der Auseinandersetzung findet eine Aufteilung des Nachlasses statt, wodurch die Miterben ihren jeweiligen Erbteil erhalten. Für den Fall, dass der Verstorbene kein Testament errichtet hat, was die Regel ist, sind in erster Linie die Paragraphen §§ 1924 ff. BGB, wie im weiteren Textteil erläutert, relevant. Hierin ist die gesetzliche Erbfolge der Bundesrepublik Deutschland in sämtlichen Einzelheiten definiert.
Das Ordnungssystem der gesetzlichen Erbfolge
Das Ordnungssystem ist die Grundlage der gesetzlichen Erbfolge in Deutschland und kategorisiert die Angehörigen des verstorbenen Erblassers. Je näher der Hinterbliebene mit dem Verstorbenen verwandt war, desto höher steht dieser im Ordnungssystem der deutschen Verwandtenerbfolge. § 1924 BGB geht auf die Erben erster Ordnung ein, bei denen es sich um die Abkömmlinge des Erblassers handelt. Demzufolge werden zunächst die Kinder des Verstorbenen zur Erbfolge berufen und erben somit den Nachlass. Im Zuge der Erbfolge nach Stämmen werden Abkömmlinge, die über einen anderen Abkömmling mit dem Verstorbenen verwandt waren, zur gesetzlichen Erbfolge berufen, sofern der betreffende Abkömmling zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits vorverstorben ist.
Auf den ersten Blick erscheint dieses Stammesprinzip, das in sämtlichen Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge gilt, überaus kompliziert. In der Praxis zeigt sich aber, dass dem nicht so ist. Im Erbfall werden zunächst die Kinder des Erblassers zur Erbfolge berufen. Das bedeutet die Kinder erben zuerst und der Gesetzgeber bemüht sich zudem alle Kinder auch gleichzustellen. Im Zuge einiger Reformen wurde festgelegt, dass auch uneheliche Kinder ein gesetzliches Erbrecht haben. Ist ein Kind bereits vorverstorben, treten dessen Abkömmlinge in dem Erbfall an seine Stelle, so dass beispielsweise die Enkel des Erblassers zu gesetzlichen Erben werden.
In § 1930 BGB ist definiert, dass die Existenz von Erben einer vorhergehenden Ordnung sämtliche Erben der nachfolgenden Ordnungen von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt. Demzufolge ist die zweite Ordnung nur relevant, falls der Erblasser keine Abkömmlinge hinterlässt. Ist dies der Fall, werden gemäß § 1925 BGB die Eltern zu gesetzlichen Erben. Als Erben zweiter Ordnung werden ebenfalls die Abkömmlinge der Eltern, sprich die Geschwister des Erblassers berücksichtigt. Dem Stammesprinzip entsprechend verfügen diese aber nur im Falle eines vorverstorbenen Elternteils über ein gesetzliches Erbrecht. Während die Großeltern und deren Abkömmlinge § 1926 BGB zufolge als Erben dritter Ordnung gelten, befasst sich § 1928 BGB mit den gesetzlichen Erben vierter Ordnung und sieht ein gesetzliches Erbrecht für die Urgroßeltern und deren Abkömmlinge vor.
Anhand von § 1931 BGB wird weiterhin deutlich, dass neben den Verwandten des verstorbenen Erblassers auch dessen überlebender Ehegatte über ein gesetzliches Erbrecht verfügt. Dieser wird neben Erben der ersten oder zweiten Ordnung am Nachlass beteiligt. Für den Fall, dass nur Verwandte entfernterer Ordnungen vorhanden sind, wird der Ehegatte zum Alleinerben. Diese Regelungen gelten dank § 10 LPartG ebenfalls für eingetragene Lebenspartner, so dass diesen in der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls ein gesetzliches Erbschaftsrecht zugesprochen wird.
Alle Angehörigen, die in diesem Ordnungssystem der gesetzlichen Erbfolge zu finden sind haben demnach das Recht, einen Anteil am Nachlass zu erhalten. Sie können dieses Recht mit Hilfe eines Anwalts auch gerichtlich einfordern, falls Ihnen dies von amtlicher Seite verweigert wird. Das Erbrecht ist jedoch komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint, weshalb in einem solchen Falle auf jeden Fall juristische Hilfe erforderlich ist um das gesetzliche Erbe einzufordern.