Testament für Behinderte

In der deutschen Rechtsprechung ist vor allem das Fünfte Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Erbrecht maßgebend und folglich auch für Testamente die zentrale Gesetzesgrundlage. In § 1937 BGB ist eindeutig geregelt, dass im Zuge der Testierfreiheit eine individuelle Erbeneinsetzung durch den künftigen Erblasser möglich ist, indem dieser eine Verfügung von Todes wegen errichtet. Dies kann durch einen Erbvertrag geschehen sein oder durch das Testament verfassen. Gleichzeitig schränkt § 2229 BGB dies gewissermaßen ein und definiert, dass die Testierfähigkeit des Testators zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung gegeben sein muss. Auf diese Art und Weise ist es jedem Menschen grundsätzlich möglich, für den eigenen Erbfall vorzusorgen und die Hinterbliebenen abzusichern, ohne dass hierbei die eigenen Vorstellungen unberücksichtigt bleiben.

Vor allem Eltern behinderter Kinder haben ein großes Bedürfnis, für ihren Nachwuchs vorzusorgen und diesen angemessen abzusichern. So soll sichergestellt werden, dass nach dem Tod der Eltern, die ihre behinderten Kinder mitunter bis zu ihrem Tod betreuen und versorgen, eine optimale Absicherung des Kindes nicht nur wegen der Vormundschaft stattfindet. Im Zuge dessen empfiehlt sich die Errichtung eines speziellen Testaments für Behinderte.

Besonderheiten eines Testaments für Behinderte

Ein sogenanntes Behindertentestament unterscheidet sich in gewisser Hinsicht von einem gewöhnlichen Testament, weshalb künftige Erblasser mit den Besonderheiten eines Testaments für Behinderte vertraut sein sollten. In erster Linie zeichnet sich eine solche Verfügung von Todes wegen durch eine andere Ausrichtung aus, denn hiermit soll das behinderte Kind optimal abgesichert werden und gleichzeitig dafür gesorgt werden, dass dieses in den Genuss der Erbschaft kommt, obgleich es auf staatliche Unterstützung angewiesen ist.

Viele Menschen, die unter einer Behinderung leiden, sind nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt selbständig zu verdienen und sind aus diesem Grund auf Sozialleistungen angewiesen. Wer in dieser Situation ist und beispielsweise durch den Tod eines Elternteils erbt, hat hierdurch oftmals keinen großen Nutzen, weil die Erbschaft dem Sozialhilfeträger zufällt, sofern der gesetzlich definierte Schonbetrag in Höhe von 2.600 Euro überschritten wird.

Eltern eines behinderten Kindes, die dieses durch die Erbschaft finanziell absichern möchten, müssen ein spezielles Behindertentestament errichten, um zu verhindern, dass die Erbschaft einfach an den Sozialhilfeträger geht und der eigentliche Erbe somit leer ausgeht. Mit einem Testament für Behinderte kann man eine Vorerbschaft anordnen und das behinderte Kind als Vorerben einsetzen. Indem eine andere Person als Nacherbe eingesetzt wird, der nach dem Vorerben den Nachlass erwirbt, kann die Erbschaft effektiv vor Zugriffen durch den Sozialhilfeträger geschützt werden. Möglich ist dies, weil der Behinderte als befreiter Vorerbe gilt und als solcher lediglich ein beschränktes Verfügungsrecht über das Nachlassvermögen hat. Hieraus ergibt sich, dass der Sozialhilfeträger nicht einfach auf die Erbschaft zugreifen kann, da noch mindestens ein Nacherbe existiert, der Ansprüche geltend machen kann.

Behindertentestament bei großen Vermögen

Bei großen Vermögenswerten ist es wichtig, einen vertrauenswürdigen Vormund für das behinderte Kind zu bestimmen. Häufig sind diese im engen Freundes- und natürlich im Familienkreis zu finden. Zudem werden diese auch durch das Vormundschaftsgericht und das Jugendamt kontrolliert. In aller Regel ist es auch sinnvoll eine Dauervollstreckung angeordnet. Möglich sind lt. Vorgaben zur Testamentsvollstreckung im BGB auch mehrere Testamentsvollstrecker, die sich wechselseitig kontrollieren und so für den Erhalt des Familienvermögens für den behinderten Erben sorgen.

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