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Beim Pflichtteilsrecht den Grundbucheintrag einsehen?

Im Allgemeinen ist es künftigen Erblassern in der Bundesrepublik Deutschland freigestellt, wie sie ihren Nachlass vererben. Hierfür sorgt die Testierfreiheit gemäß § 1937 BGB, durch die eine Erbeinsetzung im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen ermöglicht wird. Auf diese Art und Weise kann man seine Nachlassplanung individualisieren und von der gesetzlichen Erbfolge Abstand nehmen, sofern diese nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Das deutsche Erbrecht heute sieht allerdings einen gewissen Schutzmechanismus für die nächsten Angehörigen des verstorbenen Erblassers vor und schränkt hierdurch die Testierfreiheit ein. Bei dieser Einschränkung handelt es sich um das Pflichtteilsrecht, das dem pflichtteilsberechtigten Personenkreis, der aus den engsten Angehörigen besteht, eine Mindestbeteiligung am Erbe per Gesetz zusichert. Unabhängig davon, was der Erblasser in seiner Verfügung von Todes wegen verfügt, steht den Pflichterben demnach der Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils zu.

Pflichterben und Immobilienerbschaften

Im Gegensatz zu einer Erbschaft, die von Gesetzes wegen als Vonselbsterwerb gestaltet ist und somit automatisch erfolgt, muss man Pflichtteilsansprüche geltend machen. Pflichterben, die diesbezüglich nicht aktiv werden und die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB verstreichen lassen, lassen so ihre Pflichtteilsansprüche verfallen und können demnach keine Mindestbeteiligung am Erbe mehr erwirken, man kann jedoch auch eine Verjährung unterbrechen

Wer dahingegen von seinem Pflichtteilsrecht Gebrauch macht, muss von den Erben die Herausgabe seines Pflichtteils oder zumindest eine Nachlassaufstellung vom Erben fristgerecht verlangen. Liegt eine Immobilienerbschaft vor, erweist sich dies für die Erben oftmals als besonders schwierig, da sie dem Pflichterben einen Betrag in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils auszahlen müssen, allerdings häufig nicht über entsprechende Mittel verfügen. So muss die im Nachlass befindliche Immobilie nicht selten mit einem Kredit belastet oder veräußert werden, um die Pflichtteilsansprüche zu erfüllen. Aus dem Immobilienerbe können sich nämlich auch Gründe den Pflichtteil zu stunden ergeben. Eine Immobilie ist schließlich ein großer Vermögenswert, der häufig mit nicht unwesentlichen Pflichtteilsansprüchen einhergeht und somit auch den Erben oder ein Firmenerbe ruinieren könnte.

Berücksichtigt ein künftiger Erblasser das Pflichtteilsrecht in seiner Verfügung von Todes wegen nicht hinreichend, kann dies für die Erben somit zum Teil weitreichende Konsequenzen haben und mitunter zum Verlust der im Nachlass befindlichen Immobilie führen. Dies dürfte aber wohl kaum im Sinne des Erblassers sein, weshalb dieser bei der Gestaltung seines letzten Willens das Pflichtteilsrecht nicht außer Acht lassen darf und gegebenenfalls die Unterstützung eines Notars oder Rechtsanwalts in Anspruch nehmen sollte, um sich dementsprechend abzusichern.

Einsicht von Pflichtteilsberechtigten ins Grundbuch

Hinterbliebene des verstorbenen Erblassers, die testamentarisch nicht angemessen berücksichtigt wurden, obwohl sie dem pflichtteilsberechtigten Personenkreis angehören, können Pflichtteilsansprüche geltend machen und so eine Mindestbeteiligung am Nachlass auch erzwingen. Zuvor gilt es allerdings, festzustellen, wie hoch diese Ansprüche sind. Zu diesem Zweck muss man erst einmal in Erfahrung bringen, welchen Umfang der gesamte Nachlass aufweist. Für den Fall, dass der Verstorbene Immobilien und Grundstücke hinterlassen hat, kann sich die Bewertung des Nachlasswertes zum Teil als schwieriges Unterfangen erweisen, da zunächst der Wert dieser Vermögenswerte festgestellt werden muss. Darüber hinaus müssen selbstverständlich auch etwaige Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden. Der Grundbucheintrag kann bezüglich der Eigentumsverhältnisse und Hypotheken usw. Auskunft geben, zumindest wenn es um im Nachlass enthaltene Immobilien und Grundstücke geht. Den aktuellen Bodenrichtwert besagt das Grundbuch allerdings nicht.

Grundsätzlich wendet sich der Pflichtteilsberechtigte mit seinen Ansprüchen an die Erben des verstorbenen Erblassers, die auch über den Umfang des Nachlasses Auskunft geben können. Gemäß § 2314 BGB besteht von Gesetzes wegen eine Auskunftspflicht des Erben dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber. Der Pflichtteilsberechtigte ist allerdings nicht zwingend auf die Angaben der Erben angewiesen. In diesem Zusammenhang stellt sich immer wieder die Frage, ob man im Pflichtteilsrecht den Grundbucheintrag einsehen darf.

Aus § 12 GBO (Grundbuchordnung) geht hervor, dass jede Person, die ein berechtigtes Interesse nachweisen kann, das Grundbuch einsehen darf. Hinterbliebene eines verstorbenen Erblassers, die Pflichtteilsansprüche geltend machen möchten oder zumindest pflichtteilsberechtigt sind, verfügen natürlich über ein berechtigtes Interesse und haben demnach das Recht, das Grundbuch einzusehen. 

Selbst wenn der Erbe bereits die Rechtsnachfolge angetreten hat, verfällt das berechtigte Interesse des Pflichtteilsberechtigten nicht. Pflichterben, die sich einen Eindruck über die Höhe des Nachlasses verschaffen möchten und zu diesem Zweck die Grundbucheinträge der im Nachlass befindlichen Immobilien und Grundstücke einsehen wollen, haben hierzu die juristische Befugnis. Die Grundbucheinsicht durch Pflichtteilsberechtigte ist demnach in der deutschen Gesetzgebung eine Selbstverständlichkeit und somit ohne Weiteres möglich. Auch wenn die Erben eine Auskunftspflicht haben, kann sich der Pflichtteilsberechtigte anhand des Grundbuchs ein eigenes Bild machen.

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