Erbenstellung im Rechtsverkehr
Im Rechtsverkehr bedarf es stets eindeutiger Nachweise und offizieller Belege, damit keine Fragen offen bleiben und man seinen Rechten und Ansprüchen entsprechend handeln kann. Vielen juristischen Laien ist dies allerdings zunächst nicht klar, insbesondere dann nicht, wenn es um erbrechtliche Angelegenheiten geht. So scheint es für die Hinterbliebenen des verstorbenen Erblassers auf der Hand zu liegen, dass sie die Erben sind und als solche natürlich auch Dokumente einsehen und gewisse Handlungen vornehmen dürfen. In der Praxis erweist sich aber oftmals als schwieriger als gedacht, da ein Nachweis der Erbenstellung im Rechtsverkehr erforderlich ist. Dies ist insbesondere dann vonnöten, wenn ein Grundbucheintrag geändert werden muss.
Den meisten Menschen stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie sie ihre Erbenstellung im Rechtsverkehr nachweisen sollen. Hat der Erblasser zu Lebzeiten ein Testament errichtet, erscheint diese Verfügung von Todes wegen mitunter als geeigneter Beleg. Der deutsche Gesetzgeber hat diesbezüglich allerdings eigene Vorschriften und den Erbschein als Nachweis der Erbenstellung im Bürgerlichen Gesetzbuch juristisch verankert. In §§ 2353 bis 2370 BGB setzt sich das deutsche Erbrecht intensiv mit dem Erbschein auseinander, so dass hierin alle relevanten Fragen geklärt werden. Einzige Ausnahme von dieser Regel stellen öffentliche Dokumente, wie beispielsweise das notarielle Testament dar, für das privatschriftliche Testament gilt dies nicht, hier ist ein Nachweis der Erbenstellung zusätzlich erforderlich.
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Nachweis der Erbenstellung mithilfe eines Erbscheins
Dass im Rechtsverkehr ein Nachweis der Erbenstellung erfolgen muss, ist die Regel, so dass üblicherweise ein Erbschein erforderlich ist. Eine Ausnahme von dieser Regel stellt das notarielle Testament dar, hier wird zusätzlich kein Erbschein mehr notwendig. Der Erbschein und das öffentliche Testament werden im Rechtsverkehr anerkannt, denn gemäß § 2365 BGB wird davon ausgegangen, dass die Angaben des Rechtsscheins, sowie dieser Testamentsform stets korrekt sind. Wer im Erbschein als Erbe genannt wird, gilt daher als erbberechtigt im Rechtsverkehr, ohne dass dies nachgeprüft werden müsse. Da aus dem Erbschein auch die Beschränkungen hervorgehen, die für den Erben gegebenenfalls gelten, handelt es sich hierbei um einen umfassenden Nachweis der Erbenstellung.
Das zuständige Nachlassgericht, in dessen Einzugsgebiet der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, ist der richtige Ansprechpartner in Sachen Erbschein. Auf Antrag stellt das Gericht den Erbschein aus, wobei die Beantragung bei einem Notar oder direkt beim Nachlassgericht zu Protokoll gegeben werden muss. Anschließend findet eine Erbenermittlung durch das Gericht statt, deren Ergebnis im Erbschein festgehalten wird. Ein häufiger Fall, der im Rechtsverkehr einen Erbschein als Nachweis der Erbenstellung erforderlich macht, ergibt sich, wenn sich Immobilien im Nachlass befinden. Auch Banken verlangen häufig für den Kontozugriff den Nachweis der Erbenstellung. Ist dies der Fall, muss man einen Erbschein vorlegen können, um das Grundbuch und die Kontounterlagen einsehen zu dürfen. Eine öffentliche und notarielle Verfügung von Todes wegen, wie zum Beispiel ein Erbvertrag oder wie vorher schon erwähnt ein öffentliches Testament, könnte den Erbschein in einigen Fällen aber durchaus ersetzen.
Liegt eine Auslandserbe vor, stellt sich die Frage wo muss ich Steuern zahlen und es kann deutlich schwieriger sein, den erforderlichen Erbschein zu erhalten. Für deutsche Auswanderer, die ihren letzten Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland hatten, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin für die Ausstellung eines Erbscheins zuständig. Die Erben müssen sich mit ihrem Antrag folglich an dieses Gericht wenden.
Das europäische Nachlasszeugnis als internationaler Erbschein
Erbfälle mit Auslandsberührung erweisen sich immer wieder als besonders kompliziert und aufwendig, wodurch juristische Laien schnell überfordert sind und ohne kompetente Hilfe durch einen erfahrenen Juristen überhaupt nicht zurechtkommen. Dies fängt schon beim Erbschein an, denn in allen relevanten Staaten muss man seine Erbenstellung einwandfrei nachweisen können, um seine Ansprüche geltend machen und wie gewünscht vorgehen zu können. So kommt es mitunter dazu, dass man in mehreren Ländern jeweils einen Erbschein beantragen muss, um über einen anerkannten Nachweis der eigenen Erbenstellung für den Rechtsverkehr in dem jeweiligen Land zu verfügen.
Zusätzlich zu der Trauer um den verstorbenen Erblasser müssen sich die Hinterbliebenen in einem internationalen Erbfall mit den Gerichten befassen und zunächst darum bemühen, für jedes Land einen adäquaten Nachweis der Erbenstellung zu erhalten. Innerhalb der Europäischen Union sollen Erbfälle mit Auslandsberührung allerdings künftig deutlich einfacher werden, denn das Europäische Parlament hat sich im März 2012 auf eine einheitliche Basis für das Erbrecht in der EU geeinigt. Neben dem Wohnsitzprinzip ist das europäische Nachlasszeugnis eine der zentralen Grundsätze, die mit der EU-Erbrechtsreform eingeführt werden sollen.
Bei dem europäischen Nachlasszeugnis handelt es sich um einen internationalen Erbschein, der in der gesamten Europäischen Union gelten soll und somit maßgeblich zum Abbau von Bürokratie beiträgt. Die Hinterbliebenen müssen so nur noch beim zuständigen Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des verstorbenen Erblassers das europäische Nachlasszeugnis beantragen und erhalten dann einen Erbschein, der EU-weit als Nachweis der Erbenstellung im Rechtsverkehr anerkannt wird.