Erbe verschollen
Im Allgemeinen ist das Erbrecht heute in der Bundesrepublik Deutschland gut und umfassend geregelt. Unabhängig davon, ob der verstorbene Erblasser zu Lebzeiten mit einer Verfügung von Todes wegen vorgesorgt hat oder die gesetzliche Erbfolge Anwendung findet, juristische Bestimmungen regeln die Nachlassverteilung bis ins kleinste Detail und lassen keine Fragen offen. Als Angehöriger erfährt man für gewöhnlich umgehend vom Versterben des Erblassers und wird im Zuge dessen oder durch das Nachlassgericht bei der Testamentseröffnung vom Anfall der Erbschaft in Kenntnis gesetzt. Zudem informiert das zuständige Nachlassgericht alle beteiligten Personen, deren Erbberechtigung im Rahmen der Testamentseröffnung festgestellt wurde. Gleichzeitig bringt das Gericht auch in Erfahrung, ob und welche gesetzlichen Erben und erbberechtigten Verwandte existieren. Auch hinsichtlich des pflichtteilsberechtigten Personenkreises werden Recherchen angestellt.
Sind alle Erben informiert, können diese aktiv werden und sich an der Erbauseinandersetzung beteiligen, um ihr Erbrecht wahrzunehmen. Wer hiervon keinen Gebrauch machen möchte, hat grundsätzlich sechs Wochen Zeit, sein Erbe ausschlagen zu können und so auf sein komplettes Erbrecht zu verzichten. In einigen Fällen ergeben sich aber bereits zu Beginn des Nachlassverfahrens gewisse Schwierigkeiten. Immer wieder kommt es vor, dass ein Erbe unauffindbar und somit gewissermaßen verschollen ist.
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Was geschieht bei unauffindbaren Erben?
Ist ein Erbe unauffindbar, stellt sich naturgemäß die Frage, was mit dessen Erbteil geschieht. Zunächst versuchen die Behörden in einer umfangreichen Erbensuche den betreffenden Erben ausfindig zu machen. Das Nachlassgericht ist nicht nur berechtigt, sondern auch unter Umständen verpflichtet, hierbei auch eine professionelle Erbenermittlung einzuschalten.
Gelingt das Auffinden nicht, erfolgt eine öffentliche Bekanntmachung, so dass dem Erben noch einmal die Gelegenheit gegeben wird, sich zu melden und von seinem Erbrecht Gebrauch zu machen. Im Rahmen einer öffentlichen Bekanntmachung wird dem unauffindbaren Erben gemäß § 1965 BGB eine Frist gesetzt. Meldet dieser seine erbrechtlichen Ansprüche nicht innerhalb dieses Zeitraums an, wird er im Nachlassverfahren übergangen und bleibt somit unberücksichtigt.
Verschollenen Erben für tot erklären lassen
Bei verschollenen Personen ist leider oftmals davon auszugehen, dass diese zwischenzeitlich verstorben sind, ohne dass ihre Angehörigen oder andere Personen hiervon Kenntnis erlangt haben. Folglich bleibt stets ein Zweifel über den Verbleib der betreffenden Person, wobei in juristischen Angelegenheiten klare Verhältnisse herrschen müssen. Dies zeigt sich unter anderem anhand des Erbrechts, denn nur Personen, die zum Zeitpunkt des Erbanfalls leben, sind erbberechtigt. Bei verschollenen Erben lässt sich dies häufig nicht ohne Weiteres feststellen, weshalb das Verschollenheitsgesetz der Bundesrepublik Deutschland hier relevant ist.
Wenn das letzte Lebenszeichen zehn Jahre beziehungsweise fünf Jahre bei Personen, die das 80. Lebensjahr vollendet haben, zurückliegt, sind die Voraussetzungen der allgemeinen Verschollenheit gemäß § 3 Abs. 1 VerschG erfüllt. § 5 Abs. 1 VerschG definiert die Seeverschollenheit und setzt in diesem Zusammenhang voraus, dass die betreffende Person seit mindestens sechs Monaten nach dem Schiffsuntergang verschollen ist. Wer nach einem Flugzeugabsturz seit mindestens drei Monaten unauffindbar ist, gilt § 6 VerschG zufolge im Rahmen der Luftverschollenheit als verschollen. Bestand eine anderweitige Lebensgefahr, können verschollene Personen nach einem Jahr für tot erklärt werden.
Wenn die Voraussetzungen für die Verschollenheit gegeben sind, können Personen, die § 16 VerschG antragsberechtigt sind, das Aufgebotsverfahren in die Wege leiten. Hierzu sind demnach der gesetzliche Vertreter, der Ehegatte, eingetragene Lebenspartner, die Eltern, die Kinder, die Staatsanwaltschaft sowie andere Personen, die ein Interesse hieran haben, berechtigt. Das Amtsgericht am letzten bekannten Wohnsitz der verschollenen Person führt dann das Aufgebotsverfahren gemäß §§ 15 ff. VerschG durch und setzt der betreffenden Person eine Frist von mindestens sechs Wochen. In dieser Zeit wird das Aufgebot an verschiedenen Stellen veröffentlicht, um dem Verschollenen die Gelegenheit zu geben, sich zu melden. Kommt es zu keiner Reaktion, wird der Verschollene für tot erklärt.