Wer erbt wenn ich nichts tue?

In nur einem Bruchteil aller Erbfälle liegt ein rechtswirksames Testament vor, mit dem der verstorbene Erblasser zu Lebzeiten vorgesorgt hat. Demzufolge verzichten die meisten Menschen mehr oder weniger bewusst auf die Möglichkeit, ihren Nachlass zu Lebzeiten zu regeln, was im Allgemeinen recht bedauerlich ist. 

Gesetzgebung zum Testament

Der deutsche Gesetzgeber stellt jedem Bürger frei, eine Erbeinsetzung im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen vorzunehmen und so von der in § 1937 BGB verankerten Testierfreiheit Gebrauch zu machen. Die Vorteile einer solchen Vorsorgemaßnahme liegen klar auf der Hand, denn nur auf diese Art und Weise kann man über seinen Tod hinaus über sein Hab und Gut verfügen und folglich sicherstellen, dass dieses den eigenen Wünschen entsprechend unter den Erben aufgeteilt wird. Gleichzeitig kann man mithilfe des Testament verfassens bestimmen, welche Personen zur Erbfolge berufen werden und überhaupt am Nachlass beteiligt werden. Jeder Mensch kann frei bestimmen, wer soll Geld, die Aktien oder das Haus erben.

Leider nutzt nur ein kleiner Teil aller Menschen diese selbstbestimmte Möglichkeit. Dass keine Verfügung von Todes wegen vorliegt und somit keine rechtswirksame Vorsorge für den eigenen Tod getroffen wurde, kann verschiedenste Gründe haben und bedeutet keineswegs zwangsläufig, dass sich der Erblasser um seine Nachlassplanung keine Gedanken gemacht hat. Oftmals besteht eine gewisse Scheu, sich so intensiv mit dem eigenen Tod zu befassen. Hinzu kommen noch Unsicherheiten, die die Rechtslage betreffen, denn juristische Laien tun sich mitunter schwer, den Umfang des BGB Erbrechts zu erfassen. So stellt sich regelmäßig zunächst die Frage, ob Vorsorgemaßnahmen im Bezug auf den eigenen Erbfall überhaupt erforderlich sind. 

Grundsätzlich besteht natürlich keine Pflicht zur Errichtung eines Testaments, sinnvoll kann dies aber dennoch sein. Um die richtige Entscheidung treffen zu können, muss man aber zunächst mit den Modalitäten des deutschen Erbrechts vertraut sein und sollte vor allem die gesetzliche Erbfolge kennen. Anhand dieser Informationen kann man dann entscheiden, ob die gesetzliche Erbfolge gewünscht ist und ausreicht oder stattdessen durch eine im Testament festgelegte gewillkürte Erbfolge ersetzt werden soll.

Die gesetzliche Erbfolge im Bürgerlichen Gesetzbuch

Künftige Erblasser, die sich fragen, was geschieht, wenn sie nichts tun und nicht für den eigenen Erbfall vorsorgen, müssen lediglich einen Blick ins Bürgerliche Gesetzbuch werfen. Hierin ist von §§ 1922 bis 1941 BGB die Erbfolge definiert. Hierzu gehört natürlich auch die gesetzliche Erbfolge, die immer dann Anwendung findet, wenn der Erblasser kein Testament errichtet und somit nicht vorgesorgt hat.

Grundlage für die gesetzliche Erbfolge ist die Verwandtenerbfolge, so dass im Zuge dessen die nächsten Verwandten des verstorbenen Erblassers zur gesetzlichen Erbfolge berufen werden. Zur Einordnung der Verwandtschaft verwendet der deutsche Gesetzgeber ein Ordnungssystem, dessen Gesetzesgrundlage in §§ 1924 ff. BGB zu finden ist. Die Abkömmlinge des Erblassers gelten als Erben erster Ordnung, die zweite Ordnung ist den Eltern des Erblassers und deren Abkömmlingen vorbehalten, während die Großeltern des Verstorbenen und deren Abkömmlinge in der dritten Ordnung Berücksichtigung finden. Die vierte Ordnung ist den Urgroßeltern sowie deren Abkömmlingen vorbehalten und entferntere Verwandte werden im Rahmen der fünften oder entfernteren Ordnungen zur gesetzlichen Erbfolge berufen.

Aus § 1930 BGB geht hervor, dass lebende Erben einer Ordnung alle Verwandten nachfolgender Ordnungen von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen. Das Ordnungssystem legt somit die Rangfolge der Verwandten innerhalb der gesetzlichen Erbfolge fest. Aber auch innerhalb der einzelnen Rangordnungen bestehen feste Prinzipien. Allen voran ist hier das Repräsentationsprinzip zu nennen, das die Rangfolge der Erben einer Ordnung vorgibt. Im Erbfall werden ausschließlich die nächsten Verwandten des verstorbenen Erblassers in der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt, was zur Folge hat, dass alle anderen Verwandten, die über einen anderen lebenden Verwandten mit dem Verstorbenen verwandt waren, von der Erbfolge ausgeschlossen sind. In der Theorie klingt dies recht kompliziert, betrachtet man das Repräsentationsprinzip anhand eines praktischen Beispiels, bleiben üblicherweise keine Fragen offen. Hinterlässt der verstorbene Erblasser Kinder, aber kein Testament, werden diese Kinder als Abkömmlinge und somit Erben erster Ordnung vorrangig behandelt. Die Kinder eines erbberechtigten Kindes werden als Enkel des Erblassers zwar ebenfalls in der ersten Ordnung geführt, im Rahmen des Repräsentationsprinzips durch das lebende Kind, das ihr Elternteil ist, allerdings von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen.

Ehepartner und eingetragene Lebenspartner haben ein gesetzliches Erbrecht

Wer zu Lebzeiten nicht für den eigenen Erbfall vorsorgt, muss folglich mit der gesetzlichen Erbfolge Vorlieb nehmen und akzeptieren, dass nur die nächsten Verwandten am Nachlass beteiligt werden. Aber auch hier existieren gewisse Ausnahmen. Mit § 1931 BGB ist das Ehegattenerbrecht juristisch verankert. Neben den Erben der ersten und zweiten Ordnung sowie den Großeltern des Erblassers ist auch der überlebende Ehegatte erbberechtigt. Ohne solche gesetzlichen Erben wird der überlebende Ehegatte sogar zum Alleinerben und schließt alle Erben fernerer Ordnungen aus. Das Erbrecht des eingetragenen Lebenspartners ist ebenso gestaltet und im Lebenspartnerschaftsgesetz und zwar in § 10 LPartG definiert.

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