Vermächtnis behalten nach dem Erbverzicht?

Wie der Name bereits aussagt, bedeutet ein Erbverzicht den Verzicht auf den Nachlass, also eine zukünftige Erbschaft. Der betreffende Erbe erklärt im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung, dass er auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet und somit keinerlei erbrechtliche Ansprüche am Nachlass des Erblassers geltend machen wird, wobei dies durch eine Erbverzichtserklärung ohnehin ausgeschlossen wird. Eine solche vertragliche Vereinbarung muss von dem jeweiligen Erben gemeinsam mit dem künftigen Erblasser getroffen werden und bedarf darüber hinaus der notariellen Beurkundung.

Durch einen rechtskräftigen Erbverzichtsvertrag wird der betreffende Erbe aus der Erbfolge ausgeschlossen. Folglich gestaltet sich die Erbfolge dann so, als hätte der verzichtende Erbe nie existiert beziehungsweise als sei dieser zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits vorverstorben. In vielen Fällen vereinbaren der Erbe und der Erblasser eine Abfindung für den Erbverzicht, doch hierbei gilt es einiges zu beachten. Ist die Abfindungsvereinbarung unwirksam, erlischt nicht automatisch auch der Erbverzicht, wodurch der Erbe mitunter auf sein Erbe verzichten muss, ohne die vereinbarte Gegenleistung zu erhalten.

Vermächtnis und Erbverzicht

In Sachen Erbverzicht (Abschichtung) gilt es zunächst zu differenzieren, denn Erbverzicht ist nicht gleich Erbverzicht. So kann der Erbe auf das gesetzliche Erbrecht, das Pflichtteilsrecht, sowie Erbeinsetzungen und Vermächtnisse verzichten. Ein Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht inkludiert üblicherweise auch einen Verzicht auf das Pflichtteilsrecht, anderweitige Vorstellungen müssten demnach explizit in der Erbverzichtserklärung festgehalten werden.

Gemäß § 2352 BGB steht es Erben frei, einen Verzicht auf Zuwendungen zu erklären. Hierin ist nicht nur eine Erbschaft, sondern ebenfalls ein Vermächtnis enthalten. Wer also mit einem Vermächtnis vom Erblasser bedacht wird, kann hierauf verzichten, indem er einen entsprechenden Vertrag mit dem Erblasser abschließt. Durch die Differenzierung des Gesetzgebers hinsichtlich des Erbverzichts muss dieser aber nicht zwingend auch einen Verzicht auf Zuwendungen in Form eines Vermächtnisses bedeuten. Folglich ist es durchaus möglich, dass ein Erbe trotz seines Erbverzichts das testamentarische Vermächtnis annimmt und im Zuge dessen zum Vermächtnisnehmer wird, ohne von seinem Erbrecht Gebrauch zu machen.

Da ein Erbverzicht ohnehin von einem Notar beglaubigt werden muss, sollten die beteiligten Personen die Unterstützung des Fachmanns nutzen und sich von diesem im Vorfeld umfassend beraten lassen, bevor sie womöglich einen schwerwiegenden Fehler aus Unwissenheit begehen.

In Anbetracht der vielfältigen Möglichkeiten, die ein Erbverzicht bietet, bedarf dieser einer detaillierten vertraglichen Vereinbarung. So sollten Erbe und Erblasser exakt definieren, worauf sich der Erbverzicht erstreckt. Auf diese Art und Weise können spätere Schwierigkeiten durch mitunter unklare Formulierungen ausgeschlossen werden. Darüber hinaus gewinnen die Beteiligten, die auf diesem Gebiet für gewöhnlich absolute Laien sind, Klarheit und können dann entscheiden, wie sie den Erbverzicht gestalten wollen. Ebenso sollte der Erblasser mit einem Testament verfahren, das er trotz eines Erbverzichtsvertrages vielleicht noch schreiben wird.

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