Sondererbrecht in der Landwirtschaft
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beinhaltet verschiedene Grundsätze der deutschen Rechtsprechung und ist somit in sämtlichen juristischen Belangen von zentraler Bedeutung. Ein zentraler Aspekt findet sich in Artikel 3 des Grundgesetzes, denn hierin wird grundgesetzlich geregelt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Folglich macht der Gesetzgeber keine Unterschiede und spricht jedem Bundesbürger die gleichen Rechte und Pflichten zu. So wird eine Gleichberechtigung sichergestellt, die die Basis des gesellschaftlichen Lebens darstellt. Auch hinsichtlich des Erbschaftsrechts wird somit nicht differenziert, so dass für alle Menschen die gleichen erbrechtlichen Regelungen und eine gesetzliche Erbfolge sowie ein Pflichtteil bestehen.
In diesem Zusammenhang zeigt sich jedoch, dass in Sachen Erbrecht durchaus Unterschiede gemacht werden, sofern ein Sondererbrecht Anwendung findet. Dies ist vor allem in der Landwirtschaft der Fall, so dass in diesem Bereich durchaus andere Regelungen greifen können. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang vor allem das Anerbenrecht und die Höfeordnung, die sich intensiv mit dem Sondererbrecht und der Aussteuer in der Landwirtschaft befassen.
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Höfeordnung – Sondererbrecht für Bauernhöfe
Die Höfeordnung wurde in längst vergangenen Zeiten als Sonder-Erbrecht in der Landwirtschaft geschaffen und sollte stets dafür Sorge tragen, dass der Bauernhof nach dem Tod des Eigentümers im Besitz der Familie bleibt und an die nächste Generation weitergegeben wird. Folglich hat das Höferecht den Zweck, den Fortbestand und Zusammenhalt eines landwirtschaftlichen Betriebes sicherzustellen. In vielen Regionen der heutigen Bundesrepublik Deutschland wurde dieses Erbrecht praktiziert und ist auch heute noch in Kraft, so dass nach wie vor besondere Bestimmungen zum Erbrecht in der Landwirtschaft gelten.
Bei der Höfeordnung handelt es sich zwar um ein Bundesgesetz, doch die praktische Anwendung dieses Sondererbrechts obliegt den Landesgesetzgebern, wodurch sich innerhalb Deutschlands mehr oder weniger große Unterschiede ergeben. In Bremen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen wird heute nach wie vor ein landesgesetzlich geregeltes Sondererbrecht in Form von Hoferben-Regelungen praktiziert. Das Anerbenrecht fungiert in diesem Zusammenhang als juristische Basis dieses speziellen Erbrechts und gibt vor, dass der Bauernhof der Höfeordnung entsprechend an den ältesten männlichen Erben des verstorbenen Erblassers vererbt wird. Ob dies automatisch geschieht oder vom Anerben zunächst eingefordert werden muss, ist regional unterschiedlich und hängt vom jeweiligen Landesrecht ab. Zudem muss man natürlich berücksichtigen, dass nicht in allen Bundesländern ein Sondererbrecht für landwirtschaftliche Anwesen existiert.
In Bundesländern, in denen die Höfeordnung und somit auch das Anerbenrecht Anwendung finden, wird aber von dem gewöhnlichen Erbrecht massiv abgewichen. Bei der Hofübergabe im Höferecht wird der betreffende Bauernhof gewissermaßen aus dem Nachlass des verstorbenen Erblassers ausgegliedert und geht somit nicht in den Besitz der Erbengemeinschaft über, sondern gehört dem Anerben. Dieser gilt demzufolge, zumeist mittels eines Hofübergabevertrages
als Alleinerbe des Hofes, obgleich der Nachlass eines Verstorbenen grundsätzlich unter den Erben aufgeteilt wird. Die Höfeordnung sorgt allerdings dafür, dass dies nicht für den Bauernhof gilt, der im Nachlass enthalten ist und über einen Eintrag im Grundbuch als Hofstelle verfügt. Die Miterben des Anerben sollen gemäß § 12 der Höfeordnung einen finanziellen Ausgleich als Abfindung für das Erbe erhalten.
Vom landwirtschaftlichen Sondererbrecht abweichen
Das Höferecht und das Anerbenrecht dienen dem Erhalt einer Hofstelle als Einheit und sollen verhindern, dass der Bauernhof im Zuge eines klassischen Nachlassverfahrens auf die Miterben verteilt und somit auseinander gerissen wird. In einigen Fällen wollen Verbraucher allerdings keinen Gebrauch von diesem Sondererbrecht in der Landwirtschaft machen. Grundsätzlich findet das Anerbenrecht im Zuge der Höfeordnung automatisch Anwendung, so dass es hierbei zu einem Vonselbsterwerb kommt. Ausnahmen bilden hier aber das hessische und das badische Anerbenrecht. Hier muss der Anerbe sein Recht aktiv einfordern, weil ansonsten keine Übertragung auf ihn stattfindet.
Im hessischen und badischen Raum kann man demzufolge einfach auf das landwirtschaftliche Sondererbrecht verzichten, indem man sein Anerbenrecht nicht durchsetzt. Als künftiger Erblasser kann man aber auch durchaus selbst aktiv werden und von der Höfeordnung abweichen, unabhängig vom regionalen Höferecht. Im Rahmen der Nachlassvorsorge kann man eine Löschung des Grundbucheintrags als Hofstelle vornehmen lassen und auf diese Art und Weise dafür sorgen, dass die Höfeordnung und das damit verbundene Anerbenrecht auf den betreffenden Bauernhof keinerlei Auswirkungen haben.