Erbvertrag zugunsten der Patchwork-Familie
Patchwork-Familien sind heutzutage keine Seltenheit mehr und gehören längst zu den üblichen Familien-Strukturen in Deutschland. Die klassische Familie mit Mutter, Vater und Kinder ist zwar nach wie vor für viele Menschen das Idealbild und der Inbegriff einer perfekten Familie, Patchwork-Familien sind mittlerweile jedoch ebenfalls gang und gäbe und Normalität. Wenn die Ehe der Eltern scheitert, Kinder von nur einem Elternteil aufgezogen werden und später eine Stiefmutter beziehungsweise ein Stiefvater mitunter mit noch weiteren Kindern die Familie ergänzt, spricht man von einer Patchworkfamilie. Neben den leiblichen Eltern und Geschwistern haben viele Menschen somit noch zusätzlich Stiefeltern, Stiefgeschwister sowie Halbgeschwister. Auf den ersten Blick mögen diese familiären Strukturen verwirrend erscheinen, wer aber Teil einer solchen Familie ist, empfindet dies nicht so und kann keinen Unterschied im täglichen Zusammenleben feststellen, abgesehen davon, dass die Familie vielleicht etwas größer ist. Zudem sollte man sich in einer solchen Konstellation bewusst sein: Stief-Familien erben und vererben anders, als die „klassische“ Familie, denn deutsche Gesetze begünstigen die leibliche Verwandtschaft. Wahlverwandtschaften sind im BGB-Erbrecht nicht vorgesehen, deshalb müssen die Beteiligten selbst Vorsorge treffen.
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Patchwork-Familien im deutschen Erbrecht
Juristisch werden Patchwork-Familien in einigen Bereichen allerdings anders als klassische Familien behandelt, was unter anderem anhand des Erbrechts deutlich wird. Erbrechtliche Probleme sind bei Patchwork-Familien daher oftmals die Regel und resultieren vor allem aus dem gesetzlichen Erbrecht. Stiefeltern und Stiefkinder spielen hierin keine Rolle und verfügen somit über kein gesetzlich abgesichertes Erbrecht, selbst wenn zwischen ihnen ein klassisches Eltern-Kind-Verhältnis bestanden hat. Emotional macht es somit keinen Unterschied, ob ein leibliches Elternteil oder die Stiefmutter beziehungsweise der Stiefvater verstirbt. Der deutsche Gesetzgeber sieht dies allerdings anders, denn das Ordnungssystem der gesetzlichen Erbfolge geht in keinster Weise auf solche Familien-Strukturen ein und legt die biologische Abstammung zugrunde.
Kinder, die von einem Partner in die Familie gebracht wurden und somit nicht die leiblichen Nachkommen beider Elternteile sind, haben aufgrund der Gesetzeslage im Erbfall nicht selten das Nachsehen. Während ihre Stief- und Halbgeschwister von Gesetzes wegen den Nachlass erben, erhalten sie selbst nichts, da sie nicht als Abkömmlinge des verstorbenen Erblassers gelten. Stiefkinder bleiben demnach unversorgt zurück, was nicht im Sinne des Stiefvaters beziehungsweise der Stiefmutter ist. Wer in einer Patchwork-Familie lebt, sollte sich dessen bewusst sein, denn es existieren durchaus Möglichkeiten, die gesamte Patchwork-Familie abzusichern.
Die Patchwork-Familie durch einen Erbvertrag absichern
Menschen, die in einer Patchwork-Familie leben, sollten sich der erbrechtlichen Probleme bewusst sein und nach Möglichkeit frühzeitig vorsorgen, um beispielsweise zu vermeiden, dass die Stiefkinder leer ausgehen. Zu diesem Zweck kann man nicht nur ein Testament, sondern auch einen Erbvertrag errichten. Durch eine solche Verfügung von Todes wegen kann man seine Patchwork-Familie adäquat absichern und seinen persönlichen Wünschen und Vorstellung bezüglich des eigenen Nachlasses Ausdruck verleihen.
In vielen Ehen wollen sich die Ehegatten mittels eines Berliner Testaments zunächst gegenseitig absichern, was aber vor allem dann problematisch ist, wenn die Kinder aus verschiedenen Beziehungen stammen. Indem man seinen Ehepartner zum Vorerben macht und die eigenen Kinder als Nacherben einsetzt, kann man aber zunächst seinen Partner erbrechtlich absichern und benachteiligt seine Abkömmlinge dennoch nicht. Natürlich existieren noch weitere Möglichkeiten, um die eigenen Kinder und den Ehegatten gleichzeitig abzusichern. In einer Patchwork-Familie kann es sinnvoll sein, die eigenen Abkömmlinge als Erben einzusetzen und zugleich den Partner im Rahmen der Verfügung von Todes wegen mit verschiedenen Rechten, wie zum Beispiel einem lebenslangen Wohnrecht, auszustatten.
Stiefkinder am Nachlass beteiligen
Mit einem Erbvertrag oder auch im klassischen Testament kann man aber nicht nur dafür Sorge tragen, dass neben dem Ehegatten auch die eigenen Abkömmlinge den eigenen Wünschen entsprechend erben. Als künftiger Erblasser, der bereits seit vielen Jahren in einer Patchwork-Familie lebt und auch zu den Kindern des Partners eine enge Bindung hat, hat man häufig den Wunsch, auch die Stiefkinder am Nachlass zu beteiligen. Dies kann ausschließlich im Rahmen einer gewillkürten Erbfolge erfolgen, die man in einem Erbvertrag definieren kann. In der gesetzlichen Erbfolge ist eine Erbenstellung der Halbschwester oder des Halbbruders schließlich nicht vorgesehen, diese berücksichtigt nur eigene oder adoptierte Abkömmlinge.
Da ein Erbvertrag stets einer notariellen Beurkundung bedarf, ist hierbei ein kompetenter Ansprechpartner zugegen, der Patchwork-Familien in erbrechtlichen Fragen zur Seite stehen kann. Zudem schreibt das deutsche Erbrecht heute vor, dass sämtliche Vertragspartner bei der Errichtung eines Erbvertrags anwesend sein müssen. Auf diese Art und Weise werden alle Angehörigen über die letztwillige Verfügung in Kenntnis gesetzt und haben die Möglichkeit, sich auszusprechen, was erbrechtlichen Streitigkeiten nach dem Tod des Erblassers innerhalb der Patchwork-Familie entgegenwirkt.