Schenkungen beim Pflichtteil verrechnen
Juristischen Laien erschließt sich der Zusammenhang zwischen einer Schenkung und dem späteren Anfall der Erbschaft nicht, schließlich findet das eine zu ihren Lebezeiten statt, während der Erbfall untrennbar mit ihrem eigenen Ableben verbunden ist. Grundsätzlich handelt es sich hierbei auch für den Gesetzgeber um zwei separate und eigenständige Formen der Vermögensübertragung. Im Rahmen einer Schenkung ist der Schenker aktiv tätig und nimmt die Schenkung selbst vor. Im Gegensatz dazu ist der Erblasser zum Zeitpunkt des Erbanfalls verstorben und kann somit nicht aktiv ins Geschehen eingreifen, lediglich mit einer angemessenen Vorsorge, wie zum Beispiel durch das Testament verfassen, kann der Erblasser die Nachlassregelung selbst gestalten und seinen Wünschen Ausdruck verleihen.
Dennoch sieht der Gesetzgeber unter gewissen Umständen durchaus eine Anrechnung von Schenkungen auf den Pflichtteil der Erben vor. Relevant ist in diesem Zusammenhang § 2325 BGB. In diesem Gesetz ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen geregelt und juristisch verankert.
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Schenkungen und Pflichtteil
Aus § 2325 BGB geht hervor, dass Schenkungen im Pflichtteilsrecht durchaus von Bedeutung sein können und mitunter die Basis für Pflichtteilsansprüche der anderen Erben sind. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn die betreffende Schenkung in den letzten zehn Lebensjahren des Erblassers vorgenommen wurde. Liegt diese länger zurück, bleibt sich hinsichtlich des Pflichtteils unberücksichtigt und spielt in der späteren Erbschaft keine Rolle mehr.
Grundsätzlich gilt es hierbei zu bedenken, dass eine Schenkung das Vermögen des Schenkers schmälert und somit auch den späteren Erbteil der Erben. Dies ist allerdings zunächst irrelevant, da der deutsche Gesetzgeber den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbanfalls der Berechnung der Erbteile zugrundelegt. Ob der Erblasser zuvor über ein höheres Vermögen verfügte, ist im Erbfall somit zumindest zunächst unwichtig. Der deutsche Gesetzgeber macht hierbei aber in bestimmten Fällen eine Ausnahme und nimmt mitunter eine Pflichtteil-Verrechnung mit der getätigten Schenkung vor. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Schenkung in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall stattgefunden hat. In einem solchen Fall erhöhen Schenkungen somit die Pflichtteilsansprüche der Erben.
Schenkungen und Pflichtteil-Anrechnungen nach der Erbrechtsreform 2010
Zum 01. Januar 2010 trat in der Bundespublik Deutschland eine Erbrechtsreform in Kraft, die in vielerlei Hinsicht für Veränderungen gesorgt hat. Dies trifft auch auf Schenkungen und ihre Anrechnung auf den Pflichtteil zu. An der 10-Jahres-Frist wurde zunächst nichts geändert, so dass nur Schenkungen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor Anfall der Erbschaft erfolgten, für die Berechnung der Pflichtteilsansprüche der Erben von Bedeutung sind. Allerdings werden diese Schenkungen seit der Erbrechtsreform 2010 anders berücksichtigt und das lässt die Pflichtteile abschmelzen.
Ursprünglich war es so, dass Schenkungen, die innerhalb der 10-Jahres-Frist vor Anfall der Erbschaft vom verstorbenen Erblasser vorgenommen wurden, voll angerechnet wurden. Durch die Reform des Erbrechts ist dies heute aber nicht mehr der Fall, da bei Schenkungen nur noch eine anteilige Pflichtteil-Verrechnung stattfindet. Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass die Höhe der Anrechnung der Schenkung von der vergangenen Zeit zwischen Schenkung und Erbfall abhängt. Lediglich Schenkungen, die im letzten Lebensjahr des Verstorbenen vorgenommen wurden, werden in voller Höhe bei der Kalkulation der Pflichtteilsansprüche angerechnet.
Je länger die Schenkung zurückliegt, desto geringer ist der anrechenbare Anteil. Während eine Schenkung aus dem ersten Jahr vor dem Erbfall zu 100 Prozent angerechnet wird, findet im zehnten Jahr eine Pflichtteil-Anrechnung von nur noch 10 Prozent statt.
Der verschenkte Gegenstand bleibt natürlich auch nach dem Tod des Schenkers Eigentum des Beschenkten, wird aber anteilig auf den Nachlass aufgeschlagen und erhöht im Zuge dessen den Wert des Nachlasses. Hieraus ergeben sich naturgemäß höhere Erbansprüche, die die pflichtteilsberechtigten Erben geltend machen können, indem sie auf eine entsprechende Pflichtteilsergänzung bestehen.