Ist das Pflichtteil der Kinder unantastbar?

Im Allgemeinen genießen künftige Erblasser in der Bundesrepublik Deutschland absolute Testierfreiheit und können ihr Testament daher ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen entsprechend errichten. So bleibt es jedem selbst überlassen, wen er als Erbe einsetzt und wen er im Rahmen seiner letztwilligen Verfügung enterbt. Eine solche Enterbung macht natürlich nur bei Personen Sinn, die ansonsten durch die gesetzliche Erbfolge am Nachlass beteiligt werden würden. Wer dies verhindern will, kann die betreffenden Personen enterben und so dafür Sorge tragen, dass diese nicht erben.

Während dies in der Theorie recht simpel klingt, erweist sich eine testamentarische Enterbung alles andere als einfach, schließlich gilt es hierbei einiges zu beachten. So ist eine vollständige Enterbung nur möglich, wenn die jeweilige Person über keinen Pflichtteilsanspruch verfügt. Ist dem nicht so, kann der Enterbte nach § 2303 BGB einen Pflichtteilsanspruch geltend machen. Auf diese Art und Weise kann der Betroffene durchsetzen, dass er trotz Enterbung die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils erhält.

In vielen Staaten der Welt ist der Pflichtteil vollkommen unbekannt, aber im Erbrecht Deutschlands und einiger anderer Länder ist die Pflichtteilsregelung ein fester Bestandteil der Rechtssprechung. So ist das Pflichtteilsrechte heute nur in Ländern vorzufinden, deren Erbrecht auf dem römischen Recht basiert. Bereits im alten Rom war man der Ansicht, dass die Nachkommen und überlebende Ehegatten nicht enterbt werden dürften, schließlich seien diese die natürlichen Erben. Darüber hinaus wurde durch diese Regelung sichergestellt, dass die Hinterbliebenen nach dem Tod des Gatten bzw. Elternteils versorgt sind.

Pflichtteil der Kinder

Grundsätzlich hat sich hieran bis heute nichts geändert, denn im deutschen Erbrecht gelten die Abkömmlinge und der überlebende Ehegatte bzw. Lebenspartner nach wie vor als pflichtteilsberechtigt. Wer also seine Kinder mithilfe eines Testaments von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt, kann nicht verhindern, dass diese dennoch am Nachlass beteiligt werden und einen Pflichtteilsanspruch geltend machen können. Kann der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigen übergehen?

Durch die Pflichtteilsregelung erwerben Abkömmlinge aber kein erbrechtliches Anrecht auf bestimmte Nachlassgegenstände oder Vermögenswerte. Dieser Anspruch beinhaltet lediglich eine Geldforderung, sodass die Nachlassgegenstände selbst nicht in die Hände des enterbten Kindes fallen. So werden Pflichtteilsberechtigte in gewisser Hinsicht nur ausgezahlt, wobei dies für die restlichen Erben zum Problem werden kann. Nicht selten müssen diese Teile des Nachlassvermögens veräußern, um eine solche Zahlung leisten zu können. Im Berliner Testament wird der Pflichtteil zumeist umgangen, doch dies hindert viele Kinder nicht daran, trotzdem ihren Anteil zu fordern.

Der Pflichtteil der Kinder wirkt also auf den ersten Blick unantastbar und ist im Allgemeinen auch unveränderlich. Nichtsdestotrotz existieren durchaus einige Ausnahmen, sodass enterbte Kinder in keinster Weise am Erbe beteiligt werden und auch keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen können. Gemäß § 2333 BGB ist eine Pflichtteilsentziehung unter gewissen Voraussetzungen möglich, wobei diese durch den Erblasser im Rahmen des Testaments erfolgen muss. Berechtigte Gründe können beispielsweise sein, dass der betreffende Erbe dem Erblasser nach dem Leben getrachtet oder sich gegenüber dem Erblasser oder einer ihm nahestehenden Person eines Verbrechens schuldig gemacht hat.

4.6/549 ratings