Welcher Gerichtsstand bei internationalem Erbrecht?

Das Erbrecht erweist sich vor allem für juristische Laien immer wieder als überaus komplexes Teilgebiet der Rechtswissenschaften. Das gesamte Fünfte Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches dient in der Bundesrepublik Deutschland als Gesetzesgrundlage für das Erbrecht, das zudem in Art. 14 des Grundgesetzes geschützt wird. Wer nicht studierter Jurist ist, hat in der Regel mehr oder weniger große Probleme, sich einen Überblick über die Gesetzeslage zu verschaffen. In internationalen Erbfällen erweist sich die Situation noch als deutlich schwieriger, doch bei den Wanderbewegungen der Menschen in Europa wird Erben immer internationaler. Kompliziert wird es beim Vererben, da neben dem deutschen Erbrecht auch die erbrechtlichen Bestimmungen des anderen Staates von Bedeutung sind. Nicht selten kommt es vor, dass verschiedene Länder eine sich in einigen Punkten widersprechende Gesetzgebung in Sachen Erbrecht aufweisen, wodurch die gesamte Angelegenheit noch komplizierter wird. Licht ins Dunkel bringt hier das IPR, das Internationale Privatrecht, das sich unter anderem dem internationalen Erbrecht widmet.

Wird Europäisches Erbrecht einfacher?

Das deutsche IPR basiert hinsichtlich der erbrechtlichen Zuständigkeit auf dem Staatsangehörigkeitsprinzip. Demnach ist das Erbrecht des Landes anzuwenden, dessen Staatsangehörigkeit der verstorbene Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes hatte. Dem steht das Wohnsitzprinzip gegenüber, das in einigen Staaten im Zusammenhang mit Erbfällen mit Auslandsberührung das Maß aller Dinge ist und zudem im Rahmen der EU-Erbrechtsreform als Grundlage für das neue europäische Erbrecht dienen soll. Bereits anhand dieser Informationen zeigt sich, dass es gar nicht so leicht ist, zu beurteilen, welches Erbrecht in einem internationalen Erbfall nun maßgebend ist. Das europäische Erbrecht soll diesbezüglich in der EU eine einheitliche Gesetzesgrundlage schaffen, kann an der grundsätzlichen Komplexität internationaler Erbfälle aber nichts ändern.

Die EU Erbrechtsreformen beginnen mit einer Erleichterung für EU-Bürger, da innerhalb Europas ja auch die Auswanderung erleichtert wurde ist dies nur folgerichtig. Es wir um einen europäischen Erbschein gerungen und das Europaparlament beschloss bereits ein Wahlrecht im europäischen Erbrecht. Das Erbschaftsrecht für Auswanderer ist schon kompliziert genug, es ist wünschenswert, dass konsequent der Weg in ein einheitliches Erbrecht für alle Bürger in Europa fortgesetzt würde.

Gerichtsstand bei internationalen Erbfällen

Ein wesentlicher Aspekt, der im Zusammenhang mit einer Erbschaft oftmals außer Acht gelassen wird, ist der Gerichtsstand. Hierunter versteht man im Allgemeinen den Ort, an dem sich das zuständige Gericht befindet. Liegt ein nationaler Erbfall vor, der folglich keine Auslandsberührung aufweist, liegt die Sachlage klar auf der Hand. Gemäß § 343 FamFG wird das Amtsgericht als Nachlassgericht aktiv, in dessen Einzugsgebiet der verstorbene Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Folglich ergibt sich der erbrechtliche Gerichtsstand aus dem letzten Wohnsitz des Verstorbenen.

Aufgrund des im deutschen Internationalen Privatrecht verankerten Staatsangehörigkeitsprinzips gilt das deutsche Erbrecht aber auch für deutsche Staatsbürger, die im Ausland leben. Hier stellt sich allerdings die Frage nach dem Gerichtsstand, denn es existiert schließlich kein deutsches Nachlassgericht, das für den letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig wäre. Ist das deutsche Erbrecht aufgrund des Staatsangehörigkeitsprinzips anzuwenden, ist auch in einem solchen internationalen Erbfall ein Gerichtsstand in der Bundesrepublik Deutschland erforderlich. 

Gerichtsstand für deutsche Auswanderer

Im internationalen Erbrecht ergibt sich folglich immer wieder die Frage nach dem Gerichtsstand. Beispielsweise bei deutschen Auswanderern, für die das deutsche Erbrecht gilt, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig. Der Gerichtsstand kann allerdings auch Deutschland sein, obwohl es sich bei dem verstorbenen Erblasser um keinen deutschen Staatsangehörigen handelte. Im internationalen Erbrecht sind die deutschen Gerichte ebenfalls zuständig, wenn der Erblasser zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft war. Dann ist allerdings das Nachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk sich der Wohnsitz des Verstorbenen befand. Hierbei gilt es allerdings zu beachten, dass es auch durchaus der Fall sein kann, dass in einem internationalen Erbfall der Gerichtsstand im Ausland belegen ist. Der Wohnsitz des Erblassers oder die Belegenheit des Nachlassvermögens kann dafür sorgen, dass Gerichte im Ausland für den Erbfall zuständig sind.

Bei deutschen Erblassern mit letztem Wohnsitz im Ausland, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin als Nachlassgericht zuständig und somit Gerichtsstand.

Kommt es zu einem internationalen Erbfall, muss man folglich einiges beachten und sollte sich zunächst fragen, welcher Gerichtsstand vorliegt. Zudem kann man auch Erkundigungen einziehen zum Internationalen Testament nach dem Washingtoner Abkommen. Als Laie ist man hiermit allerdings für gewöhnlich vollkommen überfordert und sollte sich aus diesem Grund an einen im internationalen Erbrecht erfahrenen Juristen wenden, der dann alle rechtlichen Belange der Erbschaft in die Hand nimmt. In solchen Erbfällen wäre es ziemlich unklug, sich alleine durchzukämpfen denn bestimmt versäumt man hierbei Wichtiges.

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