Hofschulden und Abfindungszahlungen im Höferecht

Ein wesentlicher Grundsatz der deutschen Gesetzgebung ist die Gleichstellung. So sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich und haben die identischen Rechte und Pflichten. Natürlich gilt dies auch im Zusammenhang mit der erbrechtlichen Rechtsprechung, so dass grundsätzlich jeder Erbfall gleich gehandhabt wird. Der deutsche Gesetzgeber macht hier allerdings eine Ausnahme, sofern es sich um die erbrechtliche Regelung im Bezug auf eine Hofstelle handelt. Ist dies der Fall, kommen gegebenenfalls die Höfeordnung und das Anerbenrecht zum Einsatz. Auch wenn diese heutzutage etwas antiquiert daherkommt, wird sie in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Niedersachsen nach wie vor praktiziert. Die Bundesländer Bremen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg verwenden zwar nicht die als Bundesgesetz definierte Höfeordnung, verfügen allerdings über eigene Gesetze auf Landesebene zur Hoferbenregelung für die Hofübergabe.

Die Rolle des Höferechts im deutschen Erbrecht

Ist eine Hofstelle als solche im Grundbuch eingetragen, unterliegt sie nicht dem klassischen Erbrecht, sondern wird der Höfeordnung entsprechend behandelt, sofern entsprechende Regelungen in dem Bundesland existieren, in dem sich der zum Nachlass gehörige Bauernhof befindet. Das Höferecht weicht von der gesetzlichen Erbfolge ab und basiert auf dem sogenannten Anerbenrecht. Hierdurch übernimmt der älteste, männliche Erbe die jeweilige Hofstelle von Gesetzes wegen, während die Miterben gemäß § 12 Höfeordnung eine finanzielle Abfindung erhalten. Folglich wird der Anerbe Hoferbe und zahlt die anderen Erben des verstorbenen Erblassers aus.

Durch diese spezielle Regelung sorgt der deutsche Gesetzgeber dafür, dass ein Bauernhof im Erbfall an die nächste Generation weitergegeben wird. Auf diese Art und Weise soll vermieden werden, dass Streit um den Hof entsteht und mitunter mehrere Erben entsprechende Ansprüche geltend machen. Derartige Erbstreitigkeiten können den Fortbestand des Bauernhofes unter Umständen gefährden und sind daher keineswegs im Sinne des Erblassers denn schließlich war der Hof sein Lebensmittelpunkt und soll nach wie vor im Familienbesitz bleiben.

Die Höfeordnung dient somit dem Erhalt und regelt die Hofübergabe durch das Anerbenrecht eindeutig.

Durch die in § 12 HöfeO vorgeschriebenen Abfindungszahlungen entsteht den Miterben heutzutage in der Regel kein finanzieller Nachteil mehr, obgleich sie keinen erbrechtlichen Anspruch auf den Bauernhof geltend machen können. Sofern keine anderslautende Verfügung von Todes wegen existiert, ist der Hoferbe demnach dazu verpflichtet, seinen Miterben einen finanziellen Ausgleich in Form einer Abfindung zu zahlen. Diese Abfindung beläuft sich üblicherweise auf den eineinhalbfachen Einheitswert des Hofes.

Hofschulden erben

Als Hoferbe übernimmt man gemäß der geltenden Höfeordnung die Hofstelle des verstorbenen Erblassers. In einigen Fällen ist dies allerdings nicht sinnvoll. Vor allem wenn nicht unwesentliche Hofschulden existieren, sollte man zunächst gut überlegen, ob man die Hoferbschaft tatsächlich antritt. In § 11 HöfeO ist die Erbausschlagung, wie sie auch im BGB existiert, durch den Hoferben juristisch geregelt. So ist es diesem vorbehalten, von seinem Erbrecht auf die Hofstelle keinen Gebrauch zu machen. Die Erbausschlagung muss dem zuständigen Gericht gegenüber erklärt werden, wobei zu beachten ist, dass diese nicht automatisch auch für die Erbschaft des restlichen Nachlassvermögens gilt.

Auf etwaige Nachlassverbindlichkeiten geht der Gesetzgeber in § 15 der Höfeordnung ausführlich ein. Aus diesem Gesetz ergibt sich der Umstand, dass der Hoferbe nicht nur für etwaige Hoferben, sondern für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten haftet. So wird der Hoferbe zum Gesamtschuldner, selbst wenn er keinerlei erbrechtlichen Anspruch auf das restliche Nachlassvermögen hat.

Weiterhin ist es grundsätzlich die Aufgabe des Hoferben, die Nachlassverbindlichkeiten allein zu tragen, sofern das Nachlassvermögen nicht ausreicht, die Schulden zu tilgen. Im Zuge dessen bleibt der Hof allerdings außen vor und wird nicht verwertet. Reicht das außer dem Hof vorhandene Vermögen aus, um die Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen, ist ein etwaiger Überschuss auf die Miterben zu verteilen. Der Hoferbe wird nur dann an diesem Überschuss beteiligt, wenn sein Anteil über dem Hofeswert liegt.

Der Hoferbe trägt in Anbetracht der Sachlage viel Verantwortung. Einerseits soll er den Hof fortführen und andererseits hat er seine Miterben gegebenenfalls von etwaig vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten zu befreien. Weiterhin sind Abfindungszahlungen an die Miterben fällig, um diesen einen finanziellen Ausgleich zu verschaffen.

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