Politisches Testament

Als politisches Testament bezeichnet man keineswegs die von einem Politiker verfasste Verfügung von Todes wegen, obgleich ein entsprechender Eindruck durchaus entstehen kann. In einem politischen Testament geht es demzufolge nicht um die Regelung des Nachlasses und die Aufteilung des eigenen Vermögens für den Fall des eigenen Versterbens. Es geht jedoch um das Erben und Vererben im weitesten Sinne, denn stattdessen widmet sich ein politisches Testament stets der politischen Laufbahn des Testators und er möchte diese Gesinnung weitergeben und damit nachfolgenden Verantwortungsträgern hinterlassen.

Ein politisches Testament ist jedoch kein Ersatz für ein normales Testament. Während sich das klassische Testament, also das eigenhändige oder öffentliche Testament beziehungsweise gegebenenfalls Nottestament dem Vermögen des Erblassers widmet und den Nachlass regelt, steht bei einem politischen Testament das politische Wirken im Fokus. Somit handelt es sich hierbei um kein gewöhnliches Testament, sondern vielmehr um eine Stellungnahme eines Politikers, der der Nachwelt auf diese Art und Weise etwas für ihn Wichtiges hinterlassen möchte.

Folglich ist das politische Testament eine besondere Variante des Testaments, die für die meisten Verbraucher wohl kaum in Frage kommt. Bei Politikern und bedeutenden Führungspersönlichkeiten hat das politische Testament dahingegen bereits eine lange Tradition. Im Rahmen einer solchen Schrift bezieht der betreffende Politiker noch einmal Stellung zu seinen Ansichten und legt aus seiner eigenen Sichtweise seinen politischen Weg dar. Ein politisches Testament bildet aber nicht nur einen Rückblick auf das eigene politische Leben, sondern befasst sich außerdem auch mit Visionen also mit der Zukunft. Der Testator integriert daher auch Verfügungen für die Zeit nach seinem Tod in das politische Testament und erweitert dies zusätzlich um Empfehlungen an die folgenden Politikergenerationen.

Geschichte und Tradition des politischen Testaments

Personen aus der politischen Führung greifen oftmals auf die Errichtung eines politischen Testaments zurück, wenn sie sich in einer überaus bedrohlichen Lage befinden, unabhängig davon, ob sie politischer oder medizinischer Natur ist. Auf diesem Wege werden die eigenen politischen Grundsätze noch einmal aus eigener Sicht dargelegt, so dass es sich bei einem politischen Testament stets bei verschiedenen Personen auch um eine Art Rechtfertigung für sein Handeln geht.

Das politische Testament kann heute auf eine weitreichende Geschichte zurückblicken und verfügt demzufolge über eine lange Tradition. Bekannte politische Testamente stammen bereits aus dem 17. und 18. Jahrhundert und wurden beispielsweise von König Friedrich Wilhelm I., Friedrich II. und Kardinal Richelieu verfasst. Auch führende Politiker des 20. Jahrhunderts haben von der Möglichkeit zur Errichtung eines politischen Testaments vielfach Gebrauch gemacht. So hinterließen beispielsweise Wladimir Iljitsch Lenin und auch Adolf Hitler der Nachwelt ein politisches Testament.

In der politischen Führung sind politische Testamente demzufolge bereits seit jeher üblich und dienen in erster Linie der Rechtfertigung. Gleichzeitig soll das politische Testament die Beweggründe und Motivation des Verfassers verdeutlichen und die Nachwelt für gewöhnlich von der Richtigkeit dieser Sichtweise überzeugen.

Gleichzeitig ist es den Verfassern eines politischen Testaments stets auch ein großes Anliegen, ihre Ideologie und Errungenschaften für die Zukunft zu bewahren. Aus diesem Grund sind Empfehlungen, Ratschläge und Anweisungen ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil eines solchen Testaments. So hat die Bewahrung des politischen Andenkens im Rahmen eines politischen Testaments stets eine hohe Priorität und ist für viele politische Führungspersonen ausschlaggebend für die Errichtung eines solchen Testaments.

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