Sittenwidrigkeit

Der Begriff der Sittenwidrigkeit bezieht sich auf ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt. Als Leitfaden für die Beurteilung der guten Sitten soll das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden gelten. In einer Gesellschaft mit unterschiedlichen Werten können die Meinungen über einen vorliegenden Verstoß der Sitten weit auseinander gehen.

Bei der Beantwortung der Frage, ob in einem bestimmten Fall eine Sittenwidrigkeit vorliegt, hat ein Richter unter Umständen einen relativ großen Spielraum, jedoch liegen auch gesetzlich fest gelegte Fälle (wie der Wucher) vor.

Zusätzlich zu den oben genannten Gründen, können weitere Bestandteile einer Sittenwidrigkeit vorhanden sein. Der Vertragspartner, dem Sittenwidrigkeit vorgeworfen wird, muss die Umstände kennen, die eine Sittenwidrigkeit begründen. Wird ein Vertrag grob fahrlässig geschlossen, kann die Kenntnis vermutet werden.

Die Folgen der Sittenwidrigkeit

Liegt eine Sittenwidrigkeit vor und wird diese vom Gericht fest gestellt, hat dies deutliche Folgen:

  • Ein Rechtsgeschäft, bei dem eine Sittenwidrigkeit begangen wurde, wird als nichtig erklärt.
  • Auch Verwaltungsakte, bei denen Sittenwidrigkeit erkannt wurde, sind nichtig.

Der Gesetzgeber begrenzt hiermit die Vertragsfreiheit zu Gunsten des Schutzes vor Sittenwidrigkeit. Dies soll einen gewissen Schutz für einen schwächeren oder unerfahrenen Vertragspartners in einem Rechtsgeschäft bewirken.

Beispiele für Sittenwidrigkeit

Der Begriff der Sittenwidrigkeit wird von Laien oftmals missverstanden. Ein Verstoß gegen die guten Sitten wird fälschlicherweise mit einem Verstoß gegen die Sittlichkeit verwechselt. Deshalb sollen hier einige Beispiele den Begriff der Sittenwidrigkeit verdeutlichen und zeigen, in welchen Fällen tatsächlich eine Sittenwidrigkeit vorliegen könnte.

  • Wucher
    Ein spezieller Fall der Sittenwidrigkeit bildet der Wucher. Von Wucher wird gesprochen, wenn ein klares Ungleichgewicht zwischen einer vertraglich vereinbarten Leistung und Gegenleistung vorliegt, bei dem zusätzlich eine Notlage ausgenutzt wird. Es gibt beispielsweise Kreditwucher und Mietwucher.
  • Verträge, welche die Begehung einer Straftat oder einen Verstoß gegen die Menschenwürde zum Inhalt haben, fallen ebenfalls unter den Begriff Sittenwidrigkeit.
  • Bürgschaftsverträge, die von einem Bürgen aus einer familiären oder sozialen Motivation unterschrieben wurden, die aber unmöglich zu erfüllen sind. Kinder, die für ihre Eltern bürgen, aber die Tragweite der Bürgschaft nicht erkennen konnten, wären ein Beispiel für einen solchen Fall.
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