Scheidung und Erbe

Scheidungen sind heutzutage praktisch an der Tagesordnung und somit keinesfalls mehr die Ausnahme. Viele Paare, die sich einst das Ja-Wort gegeben haben, entscheiden sich nach einigen Jahren für die Trennung, da die Partnerschaft zerbrochen und ein weiteres Zusammenleben nicht mehr möglich ist. Eine solche Trennung hat in der Regel die Scheidung zur Folge und ist für alle Beteiligten äußerst aufreibend. Persönliche Differenzen, sowie Streitigkeiten über den ehelichen Besitz müssen im Rahmen eines Scheidungsverfahrens geklärt werden, was nicht selten zu einer unschönen Schlammschlacht ausartet.

Doch die wenigsten Menschen denken bei einer Scheidung an die weitreichenderen Folgen und sind sich überhaupt nicht darüber im Klaren, dass der Ex-Ehegatte unter Umständen erbrechtliche Ansprüche am Nachlass des ehemaligen Ehepartners geltend machen kann. Grundsätzlich gilt der Ehepartner bis zur endgültigen Scheidung als Erbe, verstirbt also einer der beiden Partner und die Scheidung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig, wird der noch verbliebene Ehegatte nicht benachteiligt, sondern wird als Ehepartner dem deutschen Erbrecht entsprechend am Nachlass beteiligt, selbst wenn die Scheidung bereits eingereicht wurde.

Scheidung und Erbe –  überprüfen Sie das Testament

Da dies in der Regel nicht im Sinne des Erblassers ist, schließlich wurde die Scheidung nicht ohne Grund eingereicht, empfiehlt es sich für geschiedene Eheleute oder solche, die sich noch in der Trennungsphase befinden, ein entsprechendes Testament aufzusetzen, dass diese Dinge eindeutig regelt. So ist es im Rahmen einer letztwilligen Verfügung durchaus möglich, den Ex-Partner zu enterben. Hierbei sollten künftige Erblasser aber bedenken, dass eine vollständige Enterbung nur in den seltensten Fällen durchsetzbar ist. Eine solche Ausnahme liegt vor, wenn der Partner einem nach dem Leben trachtet, sich der körperlichen Misshandlung dem Erblasser gegenüber strafbar gemacht hat, seine Unterhaltspflicht aus Boshaftigkeit verletzt hat oder eine schwere Straftat dem Erblasser gegenüber begangen hat. Ist dies der Fall, kann der Erblasser den Partner testamentarisch enterben und dieser erhält noch nicht einmal den Pflichtteil.

Ist die Ehe aber erst einmal durch die Scheidung aufgelöst, verliert der frühere Ehepartner alle erbrechtlichen Ansprüche. Dies liegt daran, dass hierzulande das Verwandtenrecht über die gesetzliche Erbfolge entscheidet und zwei Partner nur durch den Bund der Ehe in einem Verwandtschaftsverhältnis stehen, das auch eine Pflichtteilsberechtigung beinhaltet. Nach der Scheidung existiert diese Ehe jedoch nicht mehr, sodass die Grundlage für einen juristischen Anspruch auf einen Erbteil erlischt.

Nichtsdestotrotz sollten geschiedene Erblasser stets bedenken, dass sich der Ex-Partner unter Umständen auf anderem Wege Zugang zum Nachlass verschaffen kann. Falls der verstorbene Erblasser mit seinem ehemaligen Ehegatten gemeinsame Kinder hat und diese zum Zeitpunkt des Todes noch minderjährig sind, hat der Trennungspartner und somit noch lebende Elternteil die Vermögenssorge und kann folglich über die Erbschaft des Nachwuchses verfügen.

Praxistipp: Zudem sollten geschiedene Partner darauf achten, den Expartner als Begünstigten aus den Versicherungsverträgen streichen zu lassen, falls sie nicht möchten, dass diese im Falle ihres Ablebens noch begünstigt sind. Der Begünstigte eines Versicherungsvertrages wird nämlich nicht automatisch durch die Scheidung entfallen, wie es beim Erbrecht der Fall ist.

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