Dementer Erblasser

Die Testierfreiheit ist gewissermaßen der Mittelpunkt des deutschen Erbrechts, denn erst durch § 1937 BGB erhalten künftige Erblasser die Möglichkeit, eine individuelle Erbeinsetzung vorzunehmen. Um eine einwandfreie Rechtswirksamkeit der gewillkürten Erbfolge sicherzustellen, muss man sich als künftiger Erblasser an einige Regeln und Gesetze halten. So wird ausschließlich eine Verfügung von Todes wegen vom Gesetzgeber anerkannt, die den jeweiligen im Bürgerlichen Gesetzbuch definierten Formvorschriften entspricht. Darüber hinaus muss der Testator natürlich testierfähig sein.

In § 2229 BGB geht das deutsche Erbrecht auf die Testierfähigkeit ein und legt fest, in welchen Fällen diese nicht gegeben ist. Demnach gelten Minderjährige, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht als testierfähig. Zudem spricht das Gesetz bei einer Störung der Geistestätigkeit, Bewusstseinsstörung und auch Geistesschwäche von einer Testierunfähigkeit. In diesem Zusammenhang gilt es jedoch klarzustellen, dass die betreffende Person nur dann testierunfähig ist, wenn es ihr aufgrund der vorliegenden geistigen Störung, Erkrankung oder Schwäche nicht möglich ist, die Tragweite der Testamentserrichtung zu erfassen.

Testierfähigkeit und Demenz

Nicht selten kommt es vor, dass die Testierfähigkeit eines verstorbenen Erblassers im Nachhinein in Frage gestellt und somit die Gültigkeit seiner Verfügung von Todes wegen angezweifelt wird. Vor allem wenn bei diesem zu Lebzeiten eine Erkrankung festgestellt wurde, die zu einer Beeinträchtigung der Testierfähigkeit führen kann, stellt sich die Frage, inwiefern die vorliegende Verfügung von Todes wegen rechtskräftig ist. Bei der Demenz handelt es sich um eines der Krankheitsbilder, die massiven Einfluss auf die Testierfähigkeit des Betroffenen haben.

Eine Demenz entsteht durch eine Erkrankung des Gehirns und übt einen negativen Einfluss auf die Sprache, Merkfähigkeit, Auffassung, Gedächtnisleistung, Denkfähigkeit und auch auf das Urteilsvermögen des Betroffenen aus. Demente Personen leiden demzufolge unter kognitiven Defiziten, wobei deren Ausprägung von Fall zu Fall stark variieren kann. Oftmals ergeben sich immer wieder Veränderungen des Geisteszustandes, so dass der Betroffene mitunter immer wieder luzide Intervalle erlebt und währenddessen vollkommen klar ist. In Anbetracht der Komplexität einer Demenzerkrankung erweist es sich immer wieder als schwieriges Unterfangen, die Testierfähigkeit eines dementen Erblassers zu beurteilen.

Gerichtsurteile zu Demenz und Testierfähigkeit

Die vaskuläre Demenz sorgt für starke Schwankungen der Symptomatik, so dass die Diagnose Demenz keineswegs gleichbedeutend mit einer Testierunfähigkeit sein muss. Im Fall einer mittleren oder schweren Demenz gilt der demente Erblasser allerdings als testierunfähig. Liegt dahingegen eine leichtere Form der Demenz vor, lässt sich dies nicht so pauschalisieren. Grundsätzlich ist hierbei von der Testierfähigkeit des Betroffenen auszugehen. Dies hat das Bayerische Oberlandesgericht in einem Beschluss (1Z BR 073/04) festgelegt.

Einem Beschluss des Münchener Oberlandesgerichts ist zu entnehmen, dass eine Demenz eine Testierunfähigkeit zur Folge haben kann. Gleichzeitig gilt es auch festzustellen, dass eine Demenz aber nicht zwingend bedeutet, dass der Betroffene keine rechtskräftige Verfügung von Todes wegen errichten kann. Personen, bei denen Demenz diagnostiziert wurde, sollten sich daher mit einem kompetenten Juristen in Verbindung setzen.

Testamentserrichtung für demente Erblasser

Dementen Erblassern steht es natürlich auch frei, ein eigenhändiges Testament zu errichten, doch im Nachhinein kann der Zweifel an der Testierfähigkeit schon recht groß sein. Eine detaillierte Angabe zum Ort und Datum der Testamentserrichtung ist hier absolut unerlässlich. Anhand dieser Angaben lässt sich später feststellen, in welcher Phase der Demenzerkrankung die Verfügung von Todes wegen errichtet wurde, was wiederum Rückschlüsse auf die Testierfähigkeit erlaubt.

Wurde bei dem dementen Erblasser eine mittlere oder schwere Demenz diagnostiziert, steht dessen Testierunfähigkeit gemäß § 2229 BGB außer Frage. Bei einer leichteren Form der vaskulären Demenz ist allerdings nicht von Anfang an klar, dass der demente Erblasser auch tatsächlich testierunfähig ist. Zudem sollten Menschen mit der Diagnose Demenz bei der Testamentserrichtung kein unnötiges Risiko eingehen und auf ein öffentliches Testament setzen. Da dieses vor einem Notar errichtet wird, der die Testierfähigkeit des Testators überprüft, kann man so maximale Sicherheit erreichen. Durch die notarielle Beurkundung der letztwilligen Verfügung liegt eine offizielle Bestätigung der Testierfähigkeit des dementen Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung vor.

Testierunfähigkeit muss bei Zweifeln nachgewiesen werden

Unabhängig davon, ob sich ein dementer Erblasser für ein eigenhändiges oder öffentliches Testament entscheidet, kann seine Testierfähigkeit immer angezweifelt werden. Wurde ein öffentliches Testament errichtet und der Erblasser vom Notar als testierfähig eingestuft, ist dies keine Garantie dafür, dass im Nachhinein nicht doch ein Gutachten erstellt wird, das mitunter das Gegenteil behauptet und somit eine Unwirksamkeit des betreffenden Testaments zur Folge hat. Grundsätzlich gilt ein Erblasser aber natürlich als testierfähig wenn keine ärztliche Diagnose über das Gegenteil vorliegt, denn in diesem Fall sollte die Vermutung gelten, dass keine Demenz vorliegt. Erst ein Nachweis des Gegenteils sorgt dafür, dass der Testator als testierunfähig betrachtet wird. Derjenige, der Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers hat und dessen Testament für unwirksam erklären lassen will, ist in der Bringschuld und muss entsprechende Beweise vorlegen. Dies würde dann auch nach sich ziehen, dass dieser Mensch geschäftsunfähig ist und das hat sehr weitreichende Folgen.

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