Vererben in anderen Ländern

Der Ausspruch „andere Länder, andere Sitten“ bewahrheitet sich immer wieder und zeigt, wie unterschiedlich die Auffassung alltäglicher Dinge in verschiedenen Kulturen sein kann. Historische Begebenheiten, alte Traditionen und die jeweilige Mentalität spielen hierbei eine große Rolle und tragen maßgeblich dazu bei, dass mitunter große regionale Unterschiede entstehen. Auch anhand des Erbrechts macht sich dies bemerkbar, was vor allem bei internationalen Erbfällen für eine hohe Komplexität sorgt.

Grundprinzipien im Erbrecht sind von Land zu Land unterschiedlich

Die Grundprinzipien des Erbrechts sind regional für gewöhnlich recht ähnlich, so dass beispielsweise innerhalb Europas recht ähnliche Auffassungen im Bezug auf die Nachlassregelung existieren. In anderen Kulturkreisen ist die Haltung zu erbrechtlichen Angelegenheiten aber mitunter ganz anders, was teilweise Erstaunen verursacht. Vor allem Personen, die nicht nur in ihrem Heimatstaat wohnhaft, sondern mehr oder weniger Weltenbummler waren, sollten sich mit dieser Thematik auseinandersetzen, schließlich kann sich das Vererben in anderen Ländern teilweise als vollkommen anders erweisen. Es besteht auch die Möglichkeit ein Internationales Testament nach dem Washingtoner Abkommen zu erstellen.

Zum Teil verfügen aber bereits Nachbarstaaten über mehr oder weniger große Besonderheiten im Erbrecht, die sich Verbraucher zunächst bewusst machen sollten. Innerhalb der Europäischen Union wird vererben erleichtert, denn es soll die EU-Erbrechtsverordnung ab 2015 für einheitliche Rahmenbedingungen sorgen. Das Europäische Nachlasszeugnis ist hierfür ebenfalls im Gespräch und das Europaparlament beschließt ein Wahlrecht. So soll es innerhalb Europas neue Regelungen geben, die in Zukunft das zwischenstaatliche erben und vererben etwas weniger kompliziert machen sollen.

Besonderheiten im Erbrecht einiger Länder

Besonderheiten zeigen sich beispielsweise hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Erbschaften mit internationalem Familien- und Erbrecht. In Deutschland wird der Erbe zur Kasse gebeten und muss Erbschaftssteuer an den Fiskus zahlen, sofern sein Erbteil die gesetzlichen Freibeträge bei Erbschaften übersteigt. In Großbritannien existiert dahingegen eine Nachlasssteuer, so dass nicht die Erben, sondern der Nachlass Steuern an die britischen Finanzbehörden abführen muss. Für den Fall, dass der eingetragene Lebenspartner oder überlebende Ehegatte erbt, entfällt in Großbritannien sogar die Erbschaftssteuer. In Schweden gelten Erbschaften dahingegen als Familienangelegenheiten und müssen zudem überhaupt nicht versteuert werden, denn 2004 hat der schwedische Staat die Erbschafts- und Schenkungssteuer abgeschafft. Zudem existieren mit einigen Ländern Doppelbesteuerungsabkommen, welche den Erben vor zu hohen Steuerbelastungen schützen.

In einigen afrikanischen Ländern erweist sich das nationale Erbrecht als besonders kurios. So wird beispielsweise in Kenia traditionell nicht nur das Hab und Gut des verstorbenen Erblassers, sondern auch dessen Frau vererbt. Kuriositäten und für Europäer außergewöhnliche Besonderheiten hält auch das chinesische Erbrecht bereit. Neben dem Vermögen des Verstorbenen gehören auch dessen Macht und Einfluss zum Nachlass und werden daher vererbt, wovon vor allem die Nachkommen der politischen Elite maßgeblich profitieren. So bleibt nicht nur das Vermögen, sondern auch die gesellschaftliche Stellung in der Familie und wird von Generation zu Generation weitergegeben.

In einigen islamischen Ländern gilt die Scharia als Basis für das Erbrecht und gibt somit die gesetzliche Nachlassregelung vor. Im Iran sowie in Ägypten und den Palästinensergebieten ist dies beispielsweise der Fall. Die Söhne des verstorbenen Erblassers werden erbrechtlich von der Scharia bevorteilt und haben im Vergleich zu den Töchtern einen Erbanspruch in doppelter Höhe. Im Gegenzug haben männliche Nachkommen bei ihrer Heirat Brautgeld zu zahlen und werden durch die Scharia dazu verpflichtet, für ihre Mutter sowie andere bedürftige Familienmitglieder aufzukommen.

Wer sich in einem fremden Land aufhält und dort seinen Lebensmittelpunkt hat, sollte sich nicht nur mit den jeweiligen Sitten, sondern auch dem BGB – Erbrecht vertraut machen. In Deutschland ist das Heimatrecht üblicherweise ausschlaggebend, doch anderswo kann auch der Wohnsitz entscheidend sein. Auswanderer werden demnach mitunter nach dem örtlichen Erbrecht behandelt und sollten Besonderheiten des jeweiligen Landes kennen, um sich hierauf einstellen zu können. Wir empfehlen hierzu die Lektüre unseres Spezialbereichs zum internationalen Erbrecht, welches auch das häufig nachgefragte Internationale Erbrecht Spaniens oder das italienische Erbrecht unter vielen anderen beinhaltet. Sollte man beispielsweise Immobilien im Ausland erben, so gilt es einiges zu beachten.

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