Überschuldung des Nachlasses

Kommt es zu einem Erbfall, steht den Beteiligten Personen üblicherweise nicht der Sinn nach vermögensrechtlichen Fragen und Bürokratie, schließlich haben sie gerade einen geliebten Menschen verloren, der Teil ihrer Familie oder ein enger Freund war. Trauer, Schmerz und Verzweiflung erfüllen die Hinterbliebenen und machen es diesen zunächst schwer, auch die juristischen Aspekte eines Todesfalles zu berücksichtigen. Wer es allerdings versäumt, sich rechtzeitig mit dem Nachlass und dessen Vermögensstand zu befassen, muss dies mitunter aufgrund der Erbenhaftung teuer bezahlen. Viele Menschen können sich dies zwar so nicht vorstellen, doch man kann auch Schulden erben, wenn man nicht aufpasst. Liegt eine Überschuldung des Nachlasses vor, reicht das Nachlassvermögen schließlich nicht aus, um die vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen. Dann kommt die Erbenhaftung ins Spiel und sorgt dafür, dass der Erbe auch mit seinem privaten Eigenvermögen für die Schulden des verstorbenen Erblassers geradestehen muss.

Erben, die dahingegen keine Zeit verlieren und rasch tätig werden, können feststellen, ob der Nachlass des verstorbenen Erblassers tatsächlich überschuldet ist und gegebenenfalls umgehend handeln, um der vollen Erbenhaftung zu entgehen und so zumindest das Eigenvermögen vor Zugriffen durch die Nachlassgläubiger zu schützen. In der Praxis zeigt sich allerdings immer wieder, dass es gar nicht so leicht ist, festzustellen, wie es um den jeweiligen Nachlass bestellt ist. Zudem haben die Erben ohnehin mit dem Schock des Todesfalls und ihrer Trauer zu kämpfen, weshalb es ratsam ist, sich professionelle Hilfe zu suchen. Erfahrene Juristen, wie zum Beispiel Notare oder Fachanwälte für erbrechtliche Angelegenheiten, sind diesbezüglich die richtigen Ansprechpartner. Als Erbe kann man sich so auf den Experten verlassen und auf dessen Kompetenz vertrauen.

Hat der verstorbene Erblasser einen überschuldeten Nachlass hinterlassen, müssen die Erben unbedingt und umgehend aktiv werden, um ihr privates Vermögen zu schützen.

Überschuldeter Nachlass und die Erbenhaftung

Um Einsicht in alle relevanten Unterlagen zu erhalten, ist es gegebenenfalls erforderlich, einen Erbschein zu beantragen, um so die Erbenstellung nachweisen zu können. Auf diese Art und Weise hat man bereits vor Annahme der Erbschaft die Chance, sich einen Überblick zu verschaffen und in Erfahrung zu bringen, ob der Nachlass überschuldet ist. Fachliche Unterstützung durch einen Anwalt ist in diesem Zusammenhang sehr hilfreich und verschafft dem Erben maximale Sicherheit. Sollte tatsächlich eine Überschuldung des Nachlasses festgestellt werden, kann man dann gemeinsam mit dem Erbrechtsexperten erörtern, was als Nächstes zu tun ist.

Juristische Laien sind oftmals mehr oder weniger erschüttert, wenn sie feststellen, dass sie durch die Erbschaft keinen Vermögenszuwachs erlangen, sondern stattdessen sogar noch in finanzielle Schwierigkeiten geraten können. Erst durch einen überschuldeten Nachlass bekommen die Erben dann zu spüren, dass Schulden ebenso wie Vermögenswerte zum Nachlass gehören und dass man somit auch Schulden vererben kann. Gemäß § 1922 BGB wird ein Erbe zum Rechtsnachfolger des Erblassers, was zur Folge hat, dass er für die zum Nachlass gehörenden Rechte und Pflichten des Verstorbenen gleichermaßen eintritt. Zudem stellt § 1967 BGB klar, dass die Erbenhaftung die Nachlassverbindlichkeiten umfasst.

Auch wenn in der Öffentlichkeit in der Regel der Eindruck entsteht, eine Erbschaft bedeutet für die Hinterbliebenen Reichtum, darf man sich hiervon nicht blenden lassen, denn die Realität sieht häufig vollkommen anders aus. So ist der Nachlass nicht selten belastet, wobei dies nicht zwingend eine Überschuldung bedeutet. Nur wenn die Schulden den Wert der Vermögenswerte übersteigen und somit zu deren Tilgung nicht ausreichen, gilt ein Nachlass als überschuldet. Durch die gesetzlich verankerte Erbenhaftung haften die Erben dann mit ihrem privaten Vermögen für die Nachlassverbindlichkeiten.

Erbe ausschlagen oder Erbenhaftung beschränken

Erben, die einem überschuldeten Nachlass gegenüberstehen, müssen die Erbenhaftung allerdings nicht einfach so hinnehmen, sondern können aktiv werden, um zu verhindern, dass die Nachlassschulden auch ihr privates Eigenvermögen verschlingen. In einer solchen Situation ergeben sich verschiedene Möglichkeiten. Die einfachere Variante ist die  Erbausschlagung gemäß § 1945 BGB. Da es sich bei Erbschaften in der Bundesrepublik Deutschland stets um einen sogenannten Vonselbsterwerb handelt, muss man dem als Erbe gegebenenfalls widersprechen und dem jeweiligen Nachlassgericht gegenüber das Erbe ausschlagen. Im Zuge dessen verhindert man einerseits, dass die Nachlassverbindlichkeiten das eigene Vermögen belasten, verzichtet aber gleichzeitig gänzlich auf sein Erbrecht. Folglich kann man keinerlei Ansprüche am Nachlass geltend machen und wird in keinster Weise hieran beteiligt.

Nichtsdestotrotz kann sich eine Erbausschlagung als sinnvoll erweisen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn eine Überschuldung des Nachlasses vorliegt. Im Zusammenhang mit einer Erbausschlagung gilt es zu beachten, dass der Gesetzgeber in § 1944 BGB eine Ausschlagungsfrist von sechs Wochen vorsieht. Ab dem Moment, in dem der Erbe von seinem Erbrecht erfährt, bleiben ihm somit lediglich sechs Wochen Zeit, um festzustellen, ob Nachlassschulden bestehen, und eine Entscheidung zu treffen. Nur in Ausnahmefällen gilt eine längere Ausschlagungsfrist von einem halben Jahr.

Die Entscheidung für oder gegen eine Erbausschlagung trifft jeder Erbe für sich allein, ohne dass dies Auswirkungen auf die Erbschaft der Miterben hätte. Im Falle eines überschuldeten und zahlungsunfähigen Nachlasses besteht aber auch die Möglichkeit, für den gesamten Nachlass ein Nachlassinsolvenzverfahren in die Wege zu leiten. Im Zuge dessen wird die Haftung der Erben auf den Nachlass beschränkt, so dass diese nicht um ihr privates Hab und Gut fürchten müssen. Aus § 1980 BGB ergibt sich eine Antragspflicht bei der Beschränkung der Erbenhaftung für die Erben. Stellt ein Erbe fest, dass der Nachlass überschuldet ist, ist er von Gesetzes wegen dazu verpflichtet, beim Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens oder einen Nachlasskonkurs, wie das mittlerweile heißt, zu stellen.

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